■ Der Förderkreis Jagdpolitik bricht sein Schweigen
: Zwischen Habermas und Schwarzwild

Hubertus Maria Wilderich von Thalheim – was für ein Name, wie geschaffen für einen kapitalen Waidmann. Geschaffen hat ihn der kapitale Philosoph Günter R. Kühnle, als Pseudonym für Werke wie „Im Bannkreis der Jagd“ und „Ein Sommerkeiler“, in denen Sätze wie „Die Jagd ist, wie die Liebe, eine Passion“ stehen.

Am letzten Freitag verlieh der Hamburger Förderkreis Jagdpolitik im Hause der Patriotischen Gesellschaft diesem waidenden Denker den „Förderpreis für Jagdpolitik“. Ein greiser, weißschnurrbärtiger Hirsch namens Haymo G. Rethwisch (kein Pseudonym!) begrüßt das rotwangige Waidvolk, eskortiert von wackeren Parforcehorn-Bläsern aus der Nordheide, die den Hirschmarsch blasen, daß es die Bache graust. Herzlich grüßt der Rethwisch den Bürgermeister aus Straßburg, betonend, daß er Straßburg in Vorpommern, nicht etwa in Elsaß-Lothringen meint. (Ob er weiß, daß dort seit zig Jahren schon der Franzmann haust?)

Doch plötzlich lugt kritischer Geist unter dem Rethwischgeweih hervor. Schonungslos deckt Rethwisch die Mißstände im eigenen Rudel auf, allen voran die „medienpolitische Untätigkeit der Jagdfunktionäre zum Thema Schweinepest“, die zu dem Trugschluß führe, der deutsche Jäger sei unfähig, das Schwarzwild zur Genüge zu dezimieren, im Klartext: er treffe nicht mal eine fette Sau. Die wahren Schuldigen müßten genannt werden, die „ein ganzes Bundesland schweineproduktionstechnisch lahmlegen“, die Mastbetriebe nämlich: „Wir dürfen nicht länger schweigen.“

Die Laudatio hält Prof. Dr. Dr. h.c. Müller, Biogeograph und, logo, Jäger aus Passion. Er spürt den wahren Feind des Jägers auf – nicht etwa den Wilderer, sondern den Vegetarier. Müller beweist hieb- und stichfest, daß der Mensch seit 400.000 Jahren jagt, und nicht, wie verwirrte Kohlkauer behaupten, erst seit 8.000 Jahren.

Dann der Auftritt des Platzhirsches Kühnle alias Hubertus-Maria Wilderich von Thalheim, Autor so epochaler Werke wie „Die Jagd – zwischen Leidenschaft und Vernunft“: Mehr noch als sein Laudator erweist sich Hubertus-Maria als Intellektueller des Jagdwesens, als Grenzpirscher zwischen Philosophie und Schwarzwildjagd. Er formuliert Thesen zum Zusammenhang zwischen dem öffentlichen Diskurs der Ethik des Jagens und dem Versagen der nationalen Jagdeliten und über die Jagd als anthropologische Notwendigkeit. Sogar die gemeine Habermaus hat bereits merklich im Oberstübchen des jagenden Philosophen geknabbert und genagt, was sich in seinen Forderungen nach einem kommunikativ kompetenten Diskurs mit dem Ziel eines konsensuellen Konzeptes einer modernen Jagdethik in der Denktradition Ortega y Gassets zeigt. Natürlich muß sich all dies in der moralischen Kompetenz des jagenden Individuums niederschlagen, schließlich ist der Jäger nach Kant von der Vernunft bestimmt, also ein Freiheitswesen, weshalb die unabweisliche Evidenz von Denken und Handeln den Jäger zu einem autonomen Individuum macht, das noch im Streben nach Leidenschaft, Freude und Glück, das dem Jagen immanent ist, die Interessen der Natur achtet. So spricht kühn der Waidmann Kühnle. Fast beneidenswert ist da die dumme Wildsau, die nur den dumpfen Knall hören muß, ehe sie das Projektil des glücklichen Jägers erlöst.

Er also, Kühnle, kassiert nun 10.000 Piepen, weil er im Sinne des Förderkreises Jagdpolitik Aufklärungsarbeit geleistet und den Finger nicht nur an den Abzug, sondern auf die Wunden einer waidfeindlichen Gesellschaft gelegt hat. Das nämlich, Mißstände anprangern, ist die vornehme Aufgabe des Förderkreises. Wie diesen: „Der verständnislose, nichtjagende Teil der Bevölkerung, der wesentlich größer ist als der jagende Teil, entscheidet über die Zukunft der Jagd.“ Sapperlot. Der Jäger „muß seine Verantwortung öffentlich leben“, in Richtung einer anderen Zukunft: „In dieser Zukunft findet der Jäger als Anwalt des Wildes Erfüllung und Selbstverwirklichung.“ Das „Strategiepapier für die Innere Mission der Jäger“ weist in diese Zukunft, wie auch der Tagungsbericht „Schwarzwild – quo vadis?“ Noch versteht keine schwarze Sau Latein, doch Hubertus-Maria Wilderich von Thalheim wird die Antwort finden. Joachim Frisch