Kennzeichen unbekannt

■ Das Festival „women in (e)motion“verspricht Entdeckungen

or zehn Jahren, im September 1988, traten die „women in (e)motion“zum ersten Mal an, das Ohr- und Augenmerk der BremerInnen auf die oft übersehenen und häufig unterbewerteten Beiträge von Frauen in der populären Musik zu lenken. Anfangs noch auf die Bereiche Jazz, Blues und Gospel konzentriert, erweiterte sich das stilistische Spektrum im Laufe der Jahre ständig. Das Festival präsentierte vorwiegend unbekannte oder kaum bekannte MusikerInnen, darunter einige, die sich wie Ani DiFranco oder Holly Cole inzwischen einen Namen gemacht haben. Oft waren die Auftritte bei „women in (e)motion“Europa-Debüts der Musikerinnen.

Öffentliche Zuschüsse wurden immer weiter gekürzt. Deshalb hatte und hat die Veranstalterin Petra Hanisch immer wieder Schwierigkeiten, das Festival zu finanzieren. Trotzdem haben sich die „women in (e)motion“etabliert. Es gilt inzwischen international als Auszeichnung, hier auftreten zu können. Die diesjährige Ausgabe spannt in 18 Konzerten in Bremen, Bremerhaven und anderen Orten den musikalischen Bogen vom Folkjazz der Irin Mary Coughlan über die avantgardistischen Pianoklänge der US-Amerikanerin Myra Melford bis zu den orientalischen Skalen der über 70jährigen Raä-Sängerin Cheikha Remitti.

Zum Auftakt präsentieren Linda Tillery & The Cultural Heritage Choir aus San Francisco Songs aus der afro-amerikanischen Tradition. Die fünfköpfige A-capella Truppe ist eine Art musikalisches Feldforschungs-Projekt. Ebenfalls aus San Francisco kommen Faye Carol (voc) und Kito Gamble (p). Das Mutter-Tochter-Duo bewegt sich im Grenzbereich von Blues und Jazz.

Die Songwriterin Laurie Free-love lebt in Austin, Texas. Das Rolling Stone Magazin ordnet ihre Musik und Stimme zwischen den Phantasieflügen einer Kate Bush und der Intensität einer Marianne Faithful ein. Noch treffender wäre, sie als aufregende Mischung von Odetta und Tracy Chapman zu bezeichnen. Sie singt zusammen mit der Irin Mary Coughlan Die offerierte eine Sammlung wunderschöner, meist melancholischer Songs – musikalisch im offenen Niemandsland zwischen Jazz, Pop und irischem Folk angesiedelt.

Auch die Musik der norwegischen Sängerin Sidsel Endresen ist von Melancholie geprägt, reicht aber ins Elegische. Behutsam bis minimalistisch bewegt sich Endresen mit ihrem Pianisten Bugge Wesseltoft durch ein Programm aus Eigenkompositionen sowie Jazz- und Pop-Standards. Deutlich experimenteller geht es bei der New Yorkerin Myra Melford zu. Die Pianistin aus dem Umkreis der Knitting Factory vereint in ihrem Spiel warme Melodik mit rhythmischer Rasanz. In ihrem Spiel verbinden sich verschiedenste Jazz-idiome mit kurzen Ausflügen in die Neue Musik. Die brilliante Musikerin war schon einige Male in Bremen zu hören, ihre Auftritte werden sicherlich zu den Höhepunkten des Festivals zählen.

Gemeinsam mit der Roots-Reihe des Schlachthofs präsentieren die „women in (e)motion“schließlich die über 70jährige Raä-Sängerin Cheikha Remitti. In ihrer algerischen Heimat gilt sie als Kultfigur. Bereits als 13jährige spielte sie ihre erste Platte ein und gehört seitdem zu den herausragenden Vertreterinnen des „nordafrikanischen Blues“, der mit seinen offenherzigen Texten immer wieder Angriffen fundamentalistischer Moralapostel ausgesetzt ist. Auch deshalb lebt sie inzwischen in Paris. Arnaud