■ Vorschlag
: Spiel im Spiel – „Lilies“ von John Greyson im Xenon

Matthew Ferguson und Jason Cadieux Foto: Verleih

John Greyson mag's verschachtelt. In „Uncut“, jüngst bei der Berlinale zu sehen, verquickt der kanadische Regisseur Erfundenes und Dokumentarisches, Spielhandlung und Interviewsequenz. In „Lilies“, dem mehrfach ausgezeichneten Vorgänger von „Uncut“, bleibt er zwar in den Gefilden der Fiktion, doch die Struktur des Films ist nicht weniger komplex: Kunstvoll werden Erzählstränge und Zeitebenen kombiniert, werden die Möglichkeiten des Spiels im Spiel bis zum Ende ausgereizt.

Ausgangspunkt hierfür ist ein Gefängnis in der kanadischen Provinz. Man schreibt das Jahr 1952. Bischof Bilodeau, ein alter, allseits angesehener Mann, ist auf dem Weg, einem Häftling die letzte Beichte abzunehmen. Doch daraus wird nichts: Simon, der vermeintlich Todkranke, entpuppt sich als ein Bekannter aus Bilodeaus Jugendtagen, und es dauert nicht lange, bis sich die Rollen vertauschen. Der Beichtstuhl wird zur Falle, die Gefängniskapelle zu einer Bühne. Vor den Augen des überrumpelten Geistlichen inszenieren die Häftlinge ein Stück, das im Jahre 1912 angesiedelt ist und um verbotenes Begehren kreist, um eine gescheiterte, schwule Liebe sowie um einen Mord, der niemals aufgeklärt wurde.

Greyson hüllt die Geschichte in üppige, fast barocke Bilder. Anspielungsreich und symbolgeladen reibt sich sein Film am selbstgesteckten katholischen Rahmen, arbeitet sich ab an Themen wie Schuld, Vergebung und Tabu. Der junge Simon etwa gibt neben seiner Alibiverlobten Lydie-Anne ein denkwürdiges Bild ab. Um sein Schwulsein zu verleugnen, bindet er sich an eine Frau. Doch die wird von einem Mann verkörpert. Der Wunsch, der Geschlechterordnung zu entsprechen, führt den jungen Mann an die Seite einer bezaubernden Drag-Queen. „Lilies“ lebt von solchen Doppelbödigkeiten. Schade nur, daß gregorianische Gesänge weite Strecken des Films überlagern. Der aufdringliche Soundtrack schmälert die Raffinesse, mit der Greyson Bilder und Handlung arrangiert. Cristina Nord

ab 12.3. im Xenon, Kolonnenstr. 5, Schöneberg