Gabor Rittersporn kein Holocaust-Leugner

■ „Berliner Zeitung“ unterliegt dem Historiker vor Gericht. Falsches Notizbuch vorgelegt?

Berlin (taz) – Im Verfahren des Historikers Gabor Rittersporn gegen die Berliner Zeitung hat der Franzose einen Sieg auf der ganzen Linie errungen. Der Zeitung wurde untersagt, weiter zu behaupten, Rittersporn sei Holocaust-Leugner. In dem Verfahren ging es darum, ob der französische Forscher je die Existenz von Gaskammern geleugnet habe.

In der mündlichen Verhandlung standen sich schroff zwei Versionen des Gesprächs gegenüber, das der Journalist der Berliner Zeitung, Maxim Leo, mit Gabor Rittersporn in Berlin geführt hatte. Leo wiederholte seine Auffassung, nach der ihm Rittersporn gesagt habe, man müsse unterscheiden zwischen der These, daß es keine Beweise für die Gaskammern zur Ermordung von Juden gebe und jener, wonach es nie Gaskammern gegeben habe. Er selbst stimme der ersten These zu. Da kein Tonband des Gesprächs existierte, legte Leo dem Gericht seine Aufzeichnungen vor.

Rittersporn hingegen betonte, er habe keine der von Leo kolportierten Äußerungen getan. Ihm als in Ungarn gebürtigen Juden, der den größten Teil seiner Verwandten durch die Shoa verloren habe, sei es niemals in den Sinn gekommen, an der Wirklichkeit des Judenmordes zu zweifeln. Er wies vor Gericht darauf hin, daß des Notizbuch, das Maxim Leo dem Gericht präsentiert hatte, nicht identisch mit dem Notizblock sei, den Leo während des Gesprächs benutzt hatte.

Eine große Rolle spielte in der mündlichen Verhandlung die Streitschift „Verité Historique ou Verité Politique“, für die eine Reihe linker Intellektueller, darunter auch der Bruder Dany Cohn- Bendits, und Gabor Rittersporn die Schirmherrschaft übernommen hatten. In dieser Schrift waren die Arbeiten verschiedener Holocaust-Leugner, unter ihnen die des Historikers Faurisson veröffentlicht worden. Rittersporn war der Meinung, man müsse sich mit den Thesen der Holocaust-Leugner wissenschaftlich auseinandersetzen. Er wollte damals die Meinungsfreiheit verteidigen. In der mündlichen Verhandlung sagte er, daß er zu keinem Zeitpunkt irgend etwas veröffentlicht habe, was als Zustimmung zu den Holocaust- Leugnern ausgelegt werden könnte. Heute sehe er sein damaliges Engagement als Fehler an.

Auf der Seite der Berliner Zeitung war der Anwalt Michel Friedman bemüht, Schwierigkeiten aufzuzeigen, die sich künftig für die Verurteilung von Leuten ergäben, die unter dem Schein wissenschaftlicher Objektivität Nazi-Materialien herausgäben. Das Gericht schloß sich dieser rechtspolitischen Argumentation nicht an. Christian Semler