Zwei Männer, zwei Meinungen

Der bündnisgrüne Fraktionschef Joschka Fischer sieht schwierigen Wahlkampf. Vorstandssprecher Jürgen Trittin hält Partei nicht für gespalten  ■ Aus Bonn Bettina Gaus

Der bündnisgrüne Vorstandssprecher Jürgen Trittin und Fraktionschef Joschka Fischer haben gestern gegenüber der taz die Bedeutung der außenpolitischen Beschlüsse des Parteitags unterschiedlich bewertet. Trittin erklärte, es gebe „in der Partei keine Flügelkämpfe“. Er sieht in den Beschlüssen auch kein Hindernis für erfolgreiche Koalitionsverhandlungen mit der SPD: „Ich sehe Möglichkeiten, zu verhandeln und zu Abschlüssen zu kommen.“ Dagegen meinte Fischer, der Parteitag habe gezeigt, „daß wir in der Außenpolitik gespalten sind“. Der Wahlkampf werde nun „sehr, sehr schwer“ werden. „Der Versuch, einen innenpolitischen Wahlkampf zu führen und außenpolitisch den Rücken freizuhaben, ist gescheitert.“ Die Delegierten hatten in Magdeburg mit nur einer Stimme Mehrheit einen Vorschlag für das Wahlprogramm abgelehnt, an dem Vertreter aller Strömungen mitgearbeitet hatten. Darin sollte der Einsatz der Bundeswehr in Bosnien gewürdigt und einer Verlängerung des SFOR-Mandats zugestimmt werden. Eingebracht hatte den Antrag die Parteispitze.

Dennoch erklärte Vorstandssprecher Trittin: „Wir haben in der Sache nicht eine Abstimmung verloren.“ Die Bundesdelegiertenversammlung habe sich gegen einen Kompromiß mit den Realos entschieden. Sie habe lieber „Bundesvorstand pur“ gewollt. In einem möglichen Koalitionsvertrag mit der SPD müsse nun „die Frage der Teilnahme an friedenserhaltenden Maßnahmen klar und unmißverständlich geregelt werden, genauso wie klar sein muß, daß sich die Bundeswehr nicht an Kriegen wie dem Golfkrieg beteiligt“.

Jürgen Trittin machte deutlich, daß er den Kompromißvorschlag von Anfang an für problematisch gehalten habe: „Wir haben mehrfach davon abgeraten, eine Formulierung zu Bosnien ins Programm reinzuschreiben, weil wir andere Konfliktherde auch nicht aufgenommen haben.“ Nachdem jedoch „ein relevanter Teil der Partei“ auf einer Bosnien-Passage bestanden habe, sei versucht worden, „diese Minderheit zu integrieren“. Dazu habe dann die Partei gesagt, „da seid ihr zu weit gegangen“.

Joschka Fischer ist dagegen weiter der Ansicht, daß eine klare Aussage zum Bosnien-Einsatz der Bundeswehr im grünen Wahlprogramm notwendig gewesen sei: „Ich nehme die Partei ernst. In einer Frage von Leben und Tod, und das ist Bosnien, verbietet sich eine Vorgehensweise, bei der Beschlüsse übers imaginäre Kleingedruckte interpretiert werden. Das fährt doch krachend gegen die Wand.“ Es sei falsch zu glauben, Parteitage durch Beschlußtricks entmündigen zu können: „Das halte ich für gefährlich. Da schlägt Taktik in Zynismus um.“

Beide Politiker warnten gestern vor wechselseitigen Schuldzuweisungen. „Wir haben die Abstimmung über den Kompromiß gemeinsam verloren, und das sollte man dann auch gemeinsam tragen“, sagte Trittin. Fischer betonte: „Ich habe keine Vorwürfe erhoben und erhebe keine. Wir müssen gemeinsam den Wahlkampf bestehen.“ Der Fraktionschef sieht auf sich jetzt allerdings schwierige Zeiten zukommen. „Bei mir liegt's doch jetzt wieder, die Ergebnisse nach außen zu vertreten, nicht bei denen, die's beschlossen haben. Aber ich will mich nicht beschweren. Das ist mein Job.“