„Da machen die gleich die Ohren auf“

■ Europastaatsrat Günter Niederbremer ließ LehrerInnen zur Fortbildung antreten / Das Thema: „Euro in der Schule“

Damit seinen SchülerInnen beim Thema Euro nicht sofort die Füße einschlafen, rüttelt Lehrer Norbert Deselaers seine Azubis mit folgendem Satz wach: „Stellt euch vor, die Hälfte eurer Ausbildungsvergütung geht bald drauf.“Dann „machen die gleich die Ohren auf“. Deselaers wurde jetzt mit 24 weiteren LehrerInnen zur Fortbildung zum Thema „Euro in der Schule“eingeladen – von Europastaatsrat Günter Niederbremer (CDU).

Schließlich ist jener Leiter der Europaabteilung im Wirtschaftsressort. Ein Amt, das nach den letzten Bürgerschaftswahlen eingerichtet worden war. Allerdings nicht ohne Protest: Niederbremer sei als „CDU-Versorgungsfall“zum Staatsrat hochbefördert worden, kritisierten damals die Grünen. Sie monierten, daß eine solche Abteilung eigentlich überflüssig sei. Seitdem beobachtet die ganze Stadt, was der Staatsrat in Sachen Europa so vorantreibt. Zum Beispiel eine „Euro-Infokampagne“in den Schulen starten – wie jetzt auf der Fortbildung bekannt wurde.

So habe man jeder Schule ein „Euro-Medienpaket“zugesandt. „Für ganze Klassensätze war leider kein Geld da“, entschuldigte sich Niederbremer bei den PädagogInnen. Deshalb wolle man nun auf dieser Veranstaltung noch ein paar Bücher verteilen – und den LehrerInnen in Kooperation mit der Bremer Landesbank ein „Infoangebot in Kurzfassung“machen. Denn: „Der Informationsbedarf“bei den PädagogInnen ist „enorm groß“, weiß Wolfgang Petzold aus der Europaabteilung.

Dabei hatten die meisten LehrerInnen gar keine so großen Erwartungen mitgebracht. Zwar gebe es noch keine aktuellen Schulbücher über den Euro, beklagte einer. Aber dafür seien Lehrer ja ohnehin „Jäger und Sammler“, ergänzte ein anderer Lehrer vom Berufsschulzentrum Horn. Da hätte man halt selbst Materialien gesammelt. Jetzt gelte es hier noch „ein paar weitere Bücher oder Tips aus erster Hand von der Bank“abzugreifen. Sonst sei das nur wieder eine der „üblichen Euro-Werbeveranstaltungen.“

Geduldig nahmen die LehrerInnen trotzdem im Bank-Seminarraum Platz. Und ließen sich von Staatsrat Niederbremer die neuesten, aus der Presse bereits bekannten Daten zur Währungsunion erzählen. Die „fünf guten Gründe für den Euro“lernten sie auch kennen – in einem Vortrag von Jens Welsch, dem Euro-Koordinator der Landesbank. Ob die Konvergenzkriterien „nun erfüllt sind oder nicht“, darüber wollte Welsch nicht reden. „Das ist zu müßig“, sagte er.

Dafür zeigte der Koordinator lieber eine Grafik über die Inflationsraten der „Euro-Kernländer“: Viele Kurven, die sich deutlich einander annähern: „Die Differenzen zwischen den Ländern werden kleiner. Sie nähern sich an. Eine gemeinsame Währung macht also Sinn“, so Welschs Fazit.

Ohne Widerspruch wollte ein Lehrer das nicht stehenlassen: „Wäre es nicht redlicher, auch die Kurven der verbleibenden Länder zu zeigen?“Doch diese Grafik hatte der Vortragende nicht parat: Die hätte er im Büro liegengelassen. Zum Schuldenberg der Bundesrepublik hatte Welsch nur eine Karikatur mit einem gezeichneten Berg mitgebracht – um sie kurz darauf schnell wieder in seinen Ordner zurücklegen.

„Etwas schlauer“sollten die LehrerInnen nach Hause gehen, hatte Euro-Staatsrat Niederbremer zu Anfang gesagt. Zumindest hatten die PädagogInnen ihre Taschen ordentlich mit Büchern und Heften vollgepackt. Und Wolfgang Petzold aus der Europaabteilung gab den Vertretern der anwesenden Presse mit auf den Weg: „Hoffentlich waren Sie nicht allzu unterfordert hier.“ Katja Ubben