„Das ist doch keine Kunst“

■ Auch wenn's die Nachbarn nicht verstanden: 20 Ausstellungen in einem Jahr hat Felix Velasco in seiner Galerie in der Taubenstraße auf St. Pauli veranstaltet / Ein Porträt

Der Gazpacho müßte nun aber wirklich kalt genug sein. Junggalerist Felix Velasco wirft einen besorgten Blick in den schwarzemaillierten Kochtopf, während Dag, der Künstler, nervös noch einmal die Hängung seiner Exponate korrigiert. Die hektische Betriebsamkeit in der Galerie 13 erinnert mehr an letzte Partyvorbereitungen als an eine professionell-seriöse Ausstellungseröffnung. Auch die Gäste, mit denen sich der kleine Laden in der Taubenstraße nach und nach zu füllen beginnt, rekrutieren sich vorwiegend aus den Reihen des farbenfroh gestylten, durchgepiercten Technovolks. Kunstkäufer seien das allerdings nicht, räumt Felix ein, verkaufen würde er eher an Leute, die zufällig an seiner Galerie vorbeispaziert seien und denen spontan ein Exponat gefallen hätte. Aber die Szeneleute seien ihm genauso wichtig. „Letztlich ist Kunst ohne Party doch recht langweilig, nicht wahr?“

Mit diesem Konzept, das dem Happening als Kunstereignis genausoviel Bedeutung einräumt wie den Exponaten, hängt es auch zusammen, daß die Dauer der einzelnen Ausstellungen selten zwei Wochen überschreitet. Manchmal gebe, so Velasco, es gar nichts zu kaufen, sondern nur eine Installation mit Film oder so etwas. Aber die Auswahl der Künstler geschehe nicht nach finanziellen Kriterien. „Das sind alles Leute, die ich einfach nett und originell finde, und die zeigen dann halt, was sie so gemacht haben.“ Etwa 20 Ausstellungen hat der gebürtige Spanier mittlerweile veranstaltet, seit er im Mai 1994 den kleinen Ladenraum anmietete.

Ein Zuschußgeschäft war es von Anfang an, die Einnahmen decken nicht einmal die Grundmiete von 600 Mark. Aber Velasco ist schon froh, daß ihm der Vermieter keine Schwierigkeiten macht, denn seine Nachbarn von gegenüber hätten mittlerweile sogar eine Unterschriftenaktion gegen die Galerie gestartet. „Die sagen mir, das sei doch keine Kunst, sondern nur Schwachsinn, und den wollen sie nicht sehen, wenn sie aus dem Fenster gucken.“

Den Enthusiasmus des Purgatory-Barmannes hat das bislang allerdings nicht eindämmen können: „Vom Finanziellen her halte ich das schon durch. Dafür habe ich mir in letzter Zeit halt wenig neue Klamotten gekauft.“ Für die Zukunft ist Velasco optimistisch, vor allem die von ihm veranstalteten Jim-Avignon-Ausstellungen hätten ihm einige neue Interessenten gebracht. Eigene Werke will der 27jährige, der eigentlich selber ausübender Künstler ist, nicht ausstellen. „Seit ich die Galerie mache, habe ich kaum mehr Zeit für anderes. Selber Kunst zu machen ist im Moment nicht drin. Die Galerie ist jetzt eben meine Kunst.“

Jörg Königsdorf