Humanität zu teuer

■ Hamburg will Kriegsflüchtlinge auf andere Bundesländer abwälzen

Der Hamburger Senat will trotz der neuen Massenvertreibungen im ehemaligen Jugoslawien auf keinen Fall zusätzliche bosnische Kriegsflüchltinge aufnehmen. Diese Position will die Hansestadt auf der Konferenz der SPD-regierten Länder vertreten, die in der kommenden Woche stattfindet.

Als Gründe gab der Staatsrat der Innenbehörde, Wolfgang Prill, die desolate Hamburger Haushaltssituation an. Gegenüber den Behörden-Deputierten soll Prill bedauert haben, daß sich diese Entscheidung inhuman anhöre. Hamburg habe aber ohnehin schon 5000 bosnische Kriegsflüchtlinge mehr aufgenommen, als nach dem Verteilungsschlüssel vorgeschrieben sind.

12.373 Vertriebene aus Bosnien lebten am Stichtag - 31. März 1995 – in der Hansestadt. Bundesweit sind es 287.000 Kriegsflüchtlinge. Da es nach der Quote von 2,6 Prozent nur 7.475 Menschen wären, die die Hansestadt verpflichtet ist aufzunehmen, sei eindeutig ersichtlich, „daß Hamburg überbelastet ist“, so Innenbehördensprecher Peter Kelch. Berlin, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern seien im Gegensatz zu den fünf neuen Ländern ebenfalls betroffen. Es müsse daher um eine „quotengerechte Lastenverteilung“ gehen, so Kelch übder den Sinn der behördlichen Rechenspiele.

Die Hansestadt will auf der Konferenz offenbar erwirken, daß die neuen Bundesländer möglichst viele Flüchtlinge aufnehmen. Daß die finanzielle Situation der ostdeutschen Kommunen noch magerer ist als an der Elbe, dürfte dem Hamburger Senat allerdings bekannt sein.

„Humanität kann nicht an der Haushaltslage bemessen werden“, kritisiert der GAL-Deputierte Mahmut Erdem den rigorosen Hamburger Aufnahme-Stop von bosnischen Kriegsflüchlingen. Die Kosten für zusätzliche Opfer der ethnischen Vertreibungen müßten im Zweifelsfall ohnehin vom Bund gedeckt werden, so der Ausländerrechtler Erdem. Die GAL sieht daher in der hiesigen Haushaltsmisere nicht den einzigen Grund für Hamburgs ablehnende Haltung. sim