Hoffnung für Rumäniens AKW-Lobby

■ Bankenkonsortium will Finanzierung eines zweiten rumänischen AKWs übernehmen, trotz Sicherheitsbedenken gegen den Meiler

Bukarest (taz) – Weil Rumänien es nicht schafft, seinen zweiten kommerziellen Atomreaktor mit Staatskrediten fertigzustellen, übergibt es die Finanzierung nun ausländischen Investoren. Einen entsprechenden Vertrag unterzeichnete der rumänische Strommonopolist Renel diese Woche mit einem Banken- und Beraterkonsortium, zu dem auch die Credit Suisse First Boston gehört.

Mit dem erfolgreichen Vertragsabschluß wird es wieder wahrscheinlicher, daß der Atomreaktor doch noch fertig wird. Das Konsortium will in den kommenden Monaten einen Finanzierungsplan füer den Block 2 des Atomkraftwerks Cernavoda aufstellen. Rumänien fehlen für die Fertigstellung des zweiten Blocks bislang etwa 750 Millionen Dollar. Der Reaktor ist nach Angaben des Strommonopolisten Renel bereits zu drei Vierteln fertiggestellt und hat bislang 600 Millionen Dollar gekostet. Renel hofft nun, daß der Reaktor im Jahre 2002 oder 2003 ans Netz gehen kann.

Der Bau des Atomkraftwerks in Cernavoda im Südosten Rumäniens dauert seit Anfang der achtziger Jahre an. Geplant sind fünf Reaktorblöcke mit je 650 Megawatt Leistung, die Rumäniens Strombedarf zu etwa 50 Prozent sichern sollen. Dabei handelt es sich um Reaktoren vom kanadischen Typ „Candu“, die mit Natururan arbeiten und mit Hilfe kanadischer Spezialisten gebaut werden. Wegen erheblicher Sicherheitsmängel und scharfer Kritik der Internationalen Atomenergiebehörde an den Sicherheitsvorkehrungen wurde der Weiterbau von Cernavoda 1990 gestoppt, 1991 aber wieder aufgenommen. Der erste Reaktor, der etwa 2,2 Milliarden Dollar gekostet hat, ging im Frühjahr 1996 in Betrieb und liefert seit Dezember 1996 Strom ins Netz – etwa neun Prozent des rumänischen Bedarfs. Im Februar 1997 erklärte die rumänische Regierung in einer Regierungsentscheidung das rumänische Atomprogramm und die Fertigstellung von Cernavoda zur „nationalen Priorität“.

Obwohl der rumänische Strommonopolist bislang behauptet hat, daß das AKW Cernavoda eines der sichersten in der Region sei, kamen in den vergangenen Jahren mehrfach Zweifel an den Sicherheitsvorkehrungen auf. So etwa hatte es 1994 und 1995 einen Streit zwischen rumänischen Behörden um die Einleitung radioaktiver Abwässer in die Donau gegeben, die zuvor von Regierungsseite genehmigt worden war. Auch sollen nicht alle Meß- und Überwachungsanlagen in Cernavoda einwandfrei funktionieren. Darüber hinaus ist Renel seit Jahren mit einer Abwanderung von Spezialisten ins Ausland konfrontiert, weil diese in Rumänien zu schlecht bezahlt werden. Keno Verseck