■ Aus den Niederungen des Fußballsports
: Breite Spitze und flaches Niveau

Dieses Wochenende beginnen die Regionalliga-Kicker ihren Kampf um die Meriten, die in der Drittklassigkeit zu erwerben sind. Der Lorbeer des deutschen Amateur-Meisters mit geringer Halbwelkzeit, oder ein einjähriges Zwischenspiel in der Bundesliga Nr. zwo – mehr ist für die Nord-Vertreter kaum zu holen.

Denn die Liga ist ausgeglichen-mittelmäßig wie selten, zeichnet sich also, um den Fußballer-Jargon zu bemühen, durch eine „breite Spitze“ aus, wie Lurups Coach Willi Reimann weiß. Bis auf den Altonaer Vorortklub wird keiner der sechs Hamburger Vereine die Gunst der Stunde zu nutzen wissen, um sich an der flachen Tabellenspitze zu sonnen.

Das bereitet jedoch wenig Argwohn. Concordias Trainer Bernd Enge am wenigsten, zumal er der einzige sein dürfte, der nach unten blicken muß. Der verarmte Adel aus dem Marienthal wird durch Neuzugang Marinus Bester von ungewohnter Prominenz heimgesucht. Der als Werder-Profi Gescheiterte (Enge: „Ein intelligenter Junge“) hat sich gegen das hazardistische Verharren in Erstliga-Sphären und für das Wandsbeker Idyll, verbunden mit einem Volontariat als Sportjournalist, entschieden. Da sage noch einer, Fußballer könnten nicht lesen und schreiben.

Die Nachwuchsabteilungen des Hamburger SV und vom FC St. Pauli dienen primär dazu, Talente unter Halbprofi-Härten an Schau-Plätzen wie Delmenhorst, Emden oder Cloppenburg auf ein etwaiges Profi-Leben einzustimmen. Was beim HSV immerhin André Breitenreiter in den Erstliga-Sturm befördert hat, unterliegt beim Aufsteiger vom Millerntor noch Kommunikationsschwierigkeiten: Trotz vielversprechender Namen wie Maik Goebel und Johann Eins-Zwei Stenzel stockt der Fluß in die Bundesliga-Mündung bei den kleinen Paulis.

Der 1. SC Norderstedt, Stolz der Trabantenstadt called Plambeck-Town, wird nach der Teilnahme an der Zweitliga-Aufstiegsrunde 1993 (zusammen mit 1860 München), dem Abstieg 1994 und dem Wiederaufstieg 1995 mit ruhiger Mittelfeldlage und beschaulichem Blick nach vorn zufrieden sein.

Damit wird sich auch der VfL 93 unter Coach Uwe Erkenbrecher bescheiden müssen, der sich mit Braunschweig ein hyperdramatisches Rennen um die meisten Unentschieden der Liga liefern wird. Doch da sowohl Marinus Bester als auch Leo Manzi sich nicht den Borgweg-Kickern anschließen wollten, steht zu befürchten, daß auch der schönste Rasen Hamburgs nicht vor Langeweile schützt.

Auch der SV Lurup wird trotz seiner Verstärkungen (u.a. Ex-Paulianer Thomas Goch und Sven Ratke aus Dresden) letztlich beim Sprung nach oben scheitern, weil es an der Flurstraße noch nie so gelaufen ist wie ursprünglich geplant. pille

Die Begegnungen der Hamburger Vertreter zum Auftakt der zweiten Regionalliga-Serie: SC Concordia – FC St. Pauli (A) (heute um 19.30 Uhr), HSV (A) – 1. SC Norderstedt (morgen um 15.30 Uhr), VfL Herzlake – VfL 93 und SV Lurup – Cloppenburg (beide Sonntag um 15.30 Uhr).