„Übel übers Ohr“

■ Vorgeblicher Behörden-Mitarbeiter verurteilt, der AusländerInnen betrog

Wehr- und anwaltslos sitzt Stephan L. auf der Anklagebank des Amtsgerichts. „Es ist mir klar, daß ich bestraft werden muß“, gibt er sich reuig, und den Aufwand, sich zu verteidigen, betreibt er gar nicht erst. Richtig, er habe zwei Ghanaern vorgegaukelt, bei der Ausländerbehörde beschäftigt zu sein und ihnen Aufenthaltspapiere besorgen zu können; und die hätten ihm dafür Geld gezahlt, auch richtig. Seine Verurteilung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung nimmt er kopfnickend, fast bestätigend, entgegen.

Seine devote Haltung, die Unterwürfigkeit, mit der er sich dem Gericht und dessen Urteil ausliefert, rührt Richter Klaus Hinrichs offensichtlich an, täuscht ihn jedoch nicht darüber hinweg, daß „Sie die Ausländer aufs Übelste übers Ohr gehauen haben“. Die Frau aus Ghana und ihr Bruder, die dem Angeklagten zusammen 5.500 Mark zahlten, hätten ausgewiesen werden sollen. „Das sind doch noch viel ärmere Schweine als Sie“. Deren Notlage habe Stephan L. „auf das Widerlichste ausgenutzt“.

Die Worte sind verurteilender als die Strafe selbst. Stephan L. lauscht erschrocken. Keine Spur mehr von dem souveränen Geschäftsmann, den er den beiden Flüchtlingen aus Ghana vorgespielt haben muß. Die Frau und deren Bruder habe er zufällig kennengelernt – zu einer Zeit, in der er spielsüchtig war und auf einem Schuldenberg saß. 15.000 Mark wollten „die Leute von der Reeperbahn“von ihm wiederhaben. Die hätten ihn verfolgt, bedroht und verprügelt. „Ich mußte mir irgendwas überlegen.“

Möglicherweise habe er in einer Zwangslage gehandelt, hält ihm der Staatsanwalt in seinem Plädoyer zugute, aber die habe er zumindest ein bißchen selbst verschuldet. Und daraus befreit, ergänzt der Angeklagte in seinem letzten Wort, habe er sich immer noch nicht. „Die Leute von der Reeperbahn suchen mich noch. Es wird für mich noch eine schlimme Zeit geben.“ Elke Spanner