Albers: Keine Zeit für Vergangenheitsbewältigung

■ Landesvorsitzender Detlev Albers will auch in Zukunft Chef der Bremer SPD bleiben

Die SPD wählt heute einen neuen Kandidaten für den Landesvorsitz. Angetreten sind der amtierende Landeschef Detlev Albers und Jürgen Maly. Detlev Albers ist Professor für Politikwissenschaft an der Universtität in Bremen und seit 1966 Mitglied in der SPD. Mit der taz sprachen die beiden Kontrahenten über die Große Koalition, die Niedersachsen-Wahl und die Rolle der Bremer SPD.

taz: Herr Albers, in den vergangenen zwei Jahren sind etwa 1.000 BremerInnen aus der SPD ausgetreten. Fühlen Sie sich dafür verantwortlich?

Detlev Albers: Die Zahl muß man differenzierter sehen. Sie spiegelt eine Situation der gesamter SPD wider, die in den Großstädten besonders akut ist. Ich bin zuversichtlich, daß wir schon in diesem Jahr eine Trendwende hin zu mehr Eintritten als Austritten erreichen werden. 1999 wird in Bremen gewählt – wer ist ihr Koalitionswunschpartner?

Ich sehe uns im Aufwind und erwarte, daß es uns gelingt, bei der Bürgerschaftswahl wieder zur stärksten, tonangebenden Kraft in Bremen zu werden. Ich halte nichts davon, mich im voraus auf eine künftige Koalition festzulegen.

Derzeit regiert in Bremen eine große Koaltion. Wie bewerten Sie ihre Arbeit?

Da gibt es Licht und Schatten, wie in jeder Koalition. Aus meiner Sicht überwiegt das Positive. Der größte Erfolg dieser Koalition ist, daß die Vulkan-Krise so bewältigt worden ist, daß in Bremen nicht die Lichter ausgehen. Das ist eine gemeinsame Arbeitsleistung, bei der der SPD-Teil ganz unverzichtbar war. Ein weiteres Beispiel sind die Sanierungsverhandlungen in Bonn. Wir haben Aussicht auf weitere Sanierungszuschüsse.

Sie haben sich im Frühjahr 1997 für Lafontaine als Kanzlerkandidaten ausgesprochen. Schröder hat das Rennen gemacht. Was war aus Ihrer Sicht das Geheimnis seines Erfolges?

Das Geheimnis seines Erfolges liegt sicher auch in der Geschlossenheit der niedersächsischen SPD, die sich von Wilhelmshaven bis Goslar mit ihm identifiziert hat. Das hat zu diesem spektakulären Wahlerfolg geführt. Das ist eine Sache, die wir auch in Bremen sicherlich gut gebrauchen könnten – den Zusammenhalt wie den Erfolg.

Bei der letzten Bürgerschaftswahl hat die Bremer SPD mit 33 Prozent ihr schlechtestes Wahlergebnis seit dem zweiten Weltkrieg erzielt. Woran lag das?

Wir sind seit 1995 ein gutes Stück vorangekommen. Wir haben ein viel größeres Maß an Zusammenhalt zwischen Partei, Fraktion und Senatsmitgliedern – trotz schwieriger Kompromisse, um die wir uns zum Teil heftig gestritten haben. Und daß wir uns im Aufwind befinden, zeigt auch der Erfolg um den Großen Lauschangriff in Bundesrat und Bundestag.

Aber was war der Grund für die Wahlschlappe 1995?

Im Augenblick geht es weniger um Vergangenheitsbewältigung als darum, nach vorn zu blicken.