Ferienland Serbien

■ Auf der Internationalen Tourismus-Börse präsentierten sich die osteuropäischen Länder mit Promille und Prospekten. Serbien war zum ersten Mal auf der Messe vertreten

Der Empfang ist warm und herzlich. „Sie haben Fragen? Kommen Sie herein, setzen Sie sich!“ winkt ein junger Tourismusfachmann aus Polen an den Stand der Stadt Krakau. „Sie brauchen ein Hotel? Kein Problem, gerade für die jungen Leute haben wir ein großes Angebot...“ Erst nach dem obligatorischen Schnaps darf der potentielle Besucher des Landes leicht schwankend wieder seiner Wege ziehen, beladen mit einem Berg von Prospekten. „Da ist sicher auch etwas für Sie dabei...“

Der Stand der Russischen Föderation wird tunlichst gemieden, der Alkoholspiegel läßt keinen weiteren Wodkagenuß mehr zu. Ungarn präsentiert sich in einem nachgebauten, großen Landgut, dementsprechend auch die Kleidung einiger Aussteller: Die bunten Nationaltrachten werden mit sichtlichem Stolz vorgeführt.

Das Auftreten der ehemaligen Ostblockländer auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB), die am vergangenen Mittwoch in Berlin zu Ende ging, war freundlich und professionell. „An dieser Spontaneität und Herzlichkeit könnte sich so mancher westeuropäische Staat ein Beispiel nehmen“, erläutert Rolf Maier, Diplom-Betriebswirt und Tourismusexperte für Bulgarien, Montenegro, Usbekistan, Slowenien und Serbien.

Die ehemaligen Ostblockstaaten hätten klare Konzepte, wie sie ihre Heimat den Reisewilligen zeigen wollen. Und dem interessierten Messebesucher würden durch ranghohe Tourismusexperten glaubwürdige Informationen über die jeweiligen Länder vermittelt. „Natürlich führen kleinere Länder wie Montenegro oder Usbekistan noch ein bißchen ein Schattendasein, da fehlt es einfach noch am notwendigen Kapital“, so Maier. „Manchmal herrscht auch eine gewisse Vertragsmanie – obwohl die Kontrakte dann nicht unbedingt eingehalten werden.“

Anders in Bulgarien: Durch die neue Regierung und der daraus folgenden Privatisierung liegt das Tourismusmarketing sehr stark in den Händen der jeweiligen Regionen. Und diese verfügen noch nicht über die entsprechenden Mittel, um sich auf der ITB in riesigen Ständen zu präsentieren oder Pressereisen zu veranstalten. Die Kooperation untereinander fehlt. Einen Sprecher der Pressestelle der ITB plagen andere Sorgen: Er beschwerte sich über die mangelnde Kommunikation mit den Ausstellern aus den Oststaaten: „Da muß man alles übers Fax machen. Jemanden telefonisch zu erwischen ist unmöglich. Ich muß immer die Auslandsvertretungen der Messe in den jeweiligen Ländern anrufen, um einen Aussteller zu kontaktieren.“ Maier relativiert: „Ein Aussteller aus Tadschikistan ist mit dem deutschen Geschäftsgebaren eben nicht so vertraut.“ Da heiße es eben für die Veranstalter der ITB flexibel sein, um mit den Leuten richtig umzugehen. „Und in unseren Ämtern läuft es auch nicht immer so fix.“

Der Gastfreundschaft und Offenheit, mit der die Tourismusfachleute über ihre Heimat berichten, tut das administrative Geplänkel keinen Abbruch. Auch kritische Fragen zur jeweiligen politischen Situation und daraus resultierenden Problemen bei der Einreise werden bereitwillig beantwortet. Sofern es Fragen überhaupt gibt, denn in den meisten Fällen zeigen sich die potentiellen Touristen am Messestand bereits bestens über die politische Lage in den Ländern informiert.

Allein bei Serbien, das sich dieses Jahr zum ersten Mal auf der ITB präsentierte, regnete es kritische Nachfragen. „Ich behaupte, daß Serbien kein Aggressor war, wir haben nur unsere Leute beschützt...“, verteidigte Djordje Borotić, Vizeminister für Tourismus, auf einer Pressekonferenz sein Land. Kurze Atempause bei den Anwesenden. Rolf Maier beeilte sich, die Harmonie wiederherzustellen: „Man kann das Image Serbiens nicht mit einer Pressekonferenz wieder aufmöbeln. Das Land ist in Deutschland nicht gerade angesehen. Da gibt es nichts zu beschönigen.“ Dabei habe das Land sehr viel zu bieten. Man wolle wieder die Tradition der Badeorte wachrufen, das Land verfüge über reiche Mineralquellen. Doch: „Es fehlt an Auslandsinvestitionen, obwohl wir die meisten Betriebe privatisiert haben“, klagt Borotić. „Das braucht alles seine Zeit“, so das Fazit von Ost-Experte Maier. Wie heißt es in der Presseinfo so schön: „Einmal selbst Pionier sein: In Serbien ist das noch möglich.“ Markus Viehauser