Nehmt das Geld und bleibt Euch treu!

Bei Atom, Genlobby und Bundeswehr hört der Spaß auf

Auch wenn ich mir vorhalten lassen muß, daß mein Blickwinkel von biographischen Traditionen und politischem Sentiment eingeengt sein mag: Bei der Atom-, der Genlobby und bei der Bundeswehr hören für mich der Spaß, den ich immer noch an Euch habe, und die neue, notwendige Anzeigenliberalität auf. Ich gehöre zu dem Teil Eurer Klientel, die Euch wahrscheinlich mit zweierlei Maß mißt. Was mich bei der Frankfurter Rundschau zum Beispiel überhaupt nicht stören würde, stößt mir bei Euch sauer auf. Aber daß ich da überhaupt mit zweierlei Maß messe, ist der eigentliche Grund meiner taz-Treue. Klaus Gabbert, Frankfurt/Main

Dies ist ein hoher Preis! Ich bin nicht bereit, ihn zu zahlen

Gleichwohl ist es nicht wünschenswert, daß sich die taz von der Bundeswehr, der Atomindustrie und den Großkonzernen finanzieren läßt. Denn beim Lesen der Zeitung wird den LeserInnen die Allmacht des Geldes vor Augen geführt. Veränderungen scheinen unmöglich zu sein, da sogar die Kritik an dem Atomprogramm von der Atomlobby bezahlt wird. Dies ist wohl auch der Grund dafür, warum gerade Bundeswehr und Atomindustrie so scharf darauf sind, Anzeigen in der taz zu veröffentlichen. Denn gerade mit solchen Anzeigen können sie beweisen, daß ihre KritikerInnen käuflich und korrupt sind. Dies ist ein hoher Preis! Ich bin nicht bereit, diesen Preis zu zahlen. Erwin von Saint Paul, München

Ich kann zwischen Berichten und Werbung unterscheiden

Ich liebe die taz wegen ihrer redaktionellen Berichterstattung. Und ich fühle mich durchaus in der Lage, zwischen dieser und gekaufter Werbung zu unterscheiden. Im Gegenteil: Wenn Werbestrategen an der taz nicht mehr vorbei wollen und dabei „meiner“ Zeitung zu einem Profit verhelfen, dann ist mir das doch hoch willkommen.

Ich freue mich deshalb auf die kommenden Tage, an denen nicht nur das Handelsblatt derartige Anzeigen drucken wird, sondern auch die taz. Ich bleibe weiterhin Pazifist und Atomskeptiker, aber ich werde meine Freude an den Einnahmen der taz von Bundeswehr und Atomwirtschaft haben – wohl wissend, daß sie meine Lieblingszeitung und einen sicheren Hort kritischer Beobachter ihrer selbst damit finanziert. Ingolf G. Werner, Weimar

Eine solche Botschaft zeigt politische Wirkung

Hier hilft auch nicht das Argument, die taz-Leser seien nicht zuletzt durch die taz so informiert, daß sie die Anzeigen kritisch hinterfragen würden und zwischen Werbung und Artikel trennen könnten. Das ist schon richtig. Aber Bundeswehr und Elektrizitätswirtschaft sollten dennoch kein Anzeigen-Forum in der taz bekommen, um sich darzustellen.

Adressaten solcher Anzeigen sind sicher nicht nur die taz-Leser. Es wird vielmehr mit solchen Anzeigen von seiten der Bundeswehr und der Elektrizititätswirtschaft geschickt die Botschaft vermittelt werden, selbst die taz drucke ihre Anzeigen und stehe deswegen ihren Aktivitäten positiv oder zumindest nicht ablehnend gegenüber. Eine solche geschickt plazierte Botschaft zeigt eine politische Wirkung, die nicht in unserem Sinne sein kann. Dierk Simons, Titz

Wichtig für mich ist: Die taz muß es immer geben

Ich stehe Atomwirtschaft, Bundeswehr, Gentechnik, Autoindustrie kritisch beziehungsweise ablehnend gegenüber und bestehe auf einer unabhängigen, kritischen Berichterstattung durch die taz. Aber ist es nicht spannend zu sehen, wie die Kritisierten in der taz ihr Image verbessern wollen (und dafür Geld bezahlen)?

Wichtig für mich ist: Die taz muß es immer geben, deren redaktionelle Unabhängigkeit darf nie beeinträchtigt werden. Dafür verspreche ich Euch: Ich bleibe weiter Abonnent zum Politischen Preis und werde einen weiteren Genossenschaftsanteil zeichnen, wenn ich wieder einen Tausender übrig habe (das kann leider aber doch noch etwas dauern). Jörg Baumann,

Kirchentellinsfurt

Selbstverständlich, daß Ihr mit Werbung Geld verdient

Die taz ist erwachsen und kann sich nicht immer wieder von Mutti und Vati päppeln lassen. Deshalb finde ich es auch selbstverständlich, daß Ihr mit Werbung Geld verdient (obwohl Anzeigen der Atomwirtschaft schwer zu ertragen sind). Euer Anderssein muß dann darin liegen, daß diese Anzeigen nicht die Schere im Kopf der Redaktion auslösen, auch nicht ansatzweise.

Die taz ist nicht (mehr) die letzte moralische Instanz und kann deshalb die reine Lehre vertreten. Diese idealisierende Sichtweise war früher richtig, um das Projekt anzuschieben und weil der Zeitgeist auch danach verlangte. Dieter Behrends, Bremen

Die starke Bindung taz/Leser ist mühsam, aber förderlich

Ich bin froh, daß das Thema so breit diskutiert wird, daß wir Leser gut informiert werden und dadurch Spontanurteilen vorgebeugt wird. Diese starke Bindung taz- Leser ist also mühsam, aber einer Weiterentwicklung des Mediums förderlich. Einer durch Anzeigen starke, von den LeserInnen unabhängiger Zeitung würde dieser Impuls fehlen. Florian Pfahler, Dresden

Sorgt für Einnahmen und für journalistische Unabhängigkeit

Sorgt für Einnahmen, daß die Kasse stimmt, aber ebenso für Eure journalistische Unabhängigkeit. Kritische Berichte neben Hurra-Anzeigen sind o.k. Heinrich Lohmann, Erkelenz

Die taz wird schon wissen, wieviel sie riskieren kann

Sollen die Großindustrien doch in der taz inserieren – wenn sie eine zugleich veröffentlichte, überzeugende Gegenmeinung nicht scheuen! Die taz wird schon wissen, wieviel sie riskieren kann; beweist Mut und Augenmaß!

Ganz persönlich lehne ich jedwede Begünstigung von Militär ab. Dies gilt auch in so kleinen Dingen wie Bundeswehr-Werbung. Wenn die taz hier anders entscheidet, werde ich das nicht gerne sehen, aber respektieren. Und wenn mir scheint, daß Euch das rechte (linke?) Augenmaß fehlt, werde ich mich vehement zu Wort melden. Achim Hohlfeld, Solingen

Muß ich mich auf eine Anzeige der NPD einstellen?

Ich kann es mir einfach nicht vorstellen, Ende März in Ahaus an den geplanten Blockaden des Brennelemente“zwischen“lagers in Ahaus teilzunehmen, mich auf den Wasserwerfer- und Knüppeleinsatz der Polizei vorzubereiten und dabei „meine“ taz in Händen zu halten, in der die Atomwirtschaft eine Werbekampagne abdruckt. Die Frage, die Ihr Euch stellen müßt, ist in der Tat die Frage nach der Grenze dessen, was noch akzeptiert werden kann. Für mich gehört schon viel Phantasie dazu, mir eine Bundeswehr-Anzeige vorzustellen, die nicht „militaristisch“ oder „sexistisch“ ist. Insofern verstehe ich die Vorstandsargumentation nicht. Muß ich mich auf eine Anzeige der Republikaner oder der NPD einstellen, die der Vorstand nicht als „rechtsradikal“ einstuft? Familie Gendrisch,

Übach-Palenberg

Ich möchte mich nicht von der taz bevormunden lassen

Die GenossenschafterInnen der taz setzen sich doch nicht nur aus „Fundis“ zusammen, sondern auch (noch) aus realpolitisch denkenden Menschen. In einer linken Tageszeitung muß es doch für jede demokratisch legitimierte Organisation möglich sein, eine bezahlte Anzeige zu plazieren, wenn sie formal die Richtlinien der taz einhält. Eine Verschärfung dieser Richtlinien in der Form, unliebsame Anzeigenkunden von vorneherein auszugrenzen, würde Dogmatisierungstendenzen in der taz in einer Art und Weise verstärken, die mich als „Realo“ abschrecken: Ich möchte mich nicht von der taz bevormunden lassen, sondern schätze die offensive Berichterstattung der taz. Hartmut Schroth,

Frankfurt/Main

Damit die taz bezahlbar bleibt, bin ich für Anzeigen jeder Art

Ich halte wenig von Anzeigen, da ich circa 80 Prozent aller Texte lese, aber nur 10 Prozent der Anzeigen beachte. Ich will Information, Denkanstöße und etwas Unterhaltung. (Samstags lese ich als erstes die „Frage der Woche“!) Aber damit die taz bezahlbar bleibt, bin ich für Anzeigen in jeder Art. Ich erwarte lediglich eine deutliche optische Trennung vom redaktionellen Teil. Und nur dies kritisiere ich bei der Gentechnik-Anzeige vom 16. Januar. Nach meiner Erinnerung war die Anzeige wie ein Artikel gestaltet und in eine Seite eingebaut, also nicht genug abgesetzt. Christian Gruber

Ein Anbiedern an gewisse Industriezweige ist falsch

Für mich ist es wichtig, daß die taz „alternativ“ bleibt – und das sowohl in Inhalt als auch in der Gestaltung bzw. in ihrem Erscheinungsbild. Es geht doch nicht nur darum, daß die taz kritische Artikel schreibt, sondern auch darum, ob ihr die Kritik auch wirklich abgenommen wird. Ein Anbiedern an gewisse Industriezweige, um von ihren Etats zu schnorren, halte ich für den falschen Weg. Diesen möchte ich nicht mitgehen, denn damit wäre das Projekt einer alternativen Tageszeitung für mich gestorben. Helmut Unger, Silvia Ogiolda,

Rosengarten

Laßt Euch von dieser Antiaufklärung nicht beirren

Die beschränkte, antiaufklärerische Lagermentalität hat schon die Linke weitgehend zugrunde gerichtet. Laßt Euch nicht beirren. Burkhart Braunbehrens,

Ebertsheim

Die Anzeigengeschäfte bleiben nichts ohne Einfluß

Ich bezweifle sehr, daß eine verstärkte Anzeigenakquisition ohne Rücksicht auf die LeserInnen und die MitarbeiterInnen der taz mittelfristig ohne Einfluß auf das Selbstverständnis und damit die inhaltliche Gestaltung der taz bleiben wird. Die Entwicklung der Zeitschrift natur von einem Natur- und Umweltmagazin mit fachlich hohem Niveau zu einer informativen „Lifestyle“-Zeitschrift ist für mich ein Beispiel dafür. Im Rahmen des verständlichen Wunsches nach „Normalität“ und „Sicherheit“ ist die Ausgliederung des Anzeigenbereiches aus dem inhaltlichen Selbstverständnis allerdings nur ein Teil und nicht die Hauptursache für den Wandlungsprozeß. J. Lange-Eichholz, Alleshausen

Der kann zwischen Anzeigen und Redaktion unterscheiden

Eigentlich gehört es für mich aber (nach dem ersten Erstaunen und anschließenden Reflektieren) zum Normalen, daß eine Zeitung auch Anzeigen von (zahlenden) Kunden (und mehr sind WB etc. in dem Fall ja nicht) abdruckt, wenn diese nicht ihrem „Lager“ angehören. Zumal LeserIn doch wohl zu unterscheiden weiß zwischen Anzeigen, redaktionellem Teil und Meinung. Und wenn die FAZ mal wieder eine Anzeige „aus dem anderen Lager“ ablehnt, echauffieren sich (wohl zu Recht) viele, auch der taz-Leser. Mein Resümee: Ich habe keine Einwände gegen derartige Anzeigen. Ulrich Würdemann, Köln

Die Öffnung für Werbung geht für mich persönlich zu weit

Ich habe Höhen und Tiefen der taz miterlebt, sie immer verteidigt und Veränderungen sowie Kompromisse für notwendig gehalten. Doch die Öffnung für Werbung, wie Sie es planen, geht für mich persönlich zu weit. Spontan hatte ich mich als Genossenschafter an der taz beteiligt, um sie nicht in Fahrwasser driften zu lassen, in denen Mitbestimmung und Richtungsweisung unmöglich gemacht worden wären. Als Wehrdienstverweigerer der 70er war ich genug gesellschaftlicher Diskriminierung ausgesetzt und habe unideologisch ein Bekenntnis gegen die Bundeswehr abgelegt, das ich vor einer Gewissenskommission (!) zu rechtfertigen hatte. Ich konzidiere einen Wandel der gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen, stimme dennoch nicht mit Fücks überein, die Bundeswehr solle „links“ unterwandert werden. Pazifismus kann sich nicht opportunistisch anpassen. Nikolaus Dominik

Solche Anzeigen haben nichts in der taz verloren

Anzeigen von Bundeswehr und Atomindustrie (und ähnliches) sind militaristisch und menschenverachtend, weil sie für Institutionen bzw. deren Anliegen werben, die den Tod bringen. Solche Anzeigenkunden haben aus meiner Sicht als Genosse nichts in der taz verloren. Eine Durchsetzung dieser „Enttabuisierung“ gegen den Willen des Aufsichtsrates und die Mehrheit der Beschäftigten wäre für mich Anlaß, um über meine Beteiligung an der Verlagsgenossenschaft nachzudenken. Rüdiger Arendt, Stuttgart

Toll, wenn diese Imagewerbung „meine“ Zeitung mitfinanuziert

Werbt weiterhin für Eintritte in die Genossenschaft statt in die Bundeswehr!

Aber glaubt Ihr wirklich, daß sich Eure LeserInnen für einen Eintritt in die Bundeswehr entscheiden, weil die Bundeswehr in der taz Werbung dafür macht? Ich möchte von der taz umfassend informiert werden, dazu gehört auch, daß ich dort die Anzeigenkampagnen der chemischen Industrie, der Atomwirtschaft, der Bundeswehr usw. lesen kann. Außerdem finde ich es toll, daß gerade deren Imagewerbung zur Finanzierung „meiner“ Zeitung beiträgt. Esther Kupka, Waldbröl

Es geht hier um bezahlte Gegendarstellungen

Bei Anzeigen der Bundeswehr, der chemischen Industrie und der Atomwirtschaft geht es jedoch nicht um ein x-beliebiges Produkt, für das Käufer gesucht werden. Es geht um politische Beeinflussung, sozusagen um bezahlte Gegendarstellungen, wie es zum Beispiel der „Informationsdienst Kernenergie“ seit Jahren mit Anzeigen in überregionalen Blättern betreibt. Niemand wird unterstellen wollen, daß sich die taz mit deren Inhalt identifiziert. Aber sie muß sich trotzdem fragen lassen, warum sie ausgerechnet denen einen Raum gibt, die kraft ihres Geldes jederzeit in der Lage sind, Meinungen und politische Standorte zu bestimmen, und keine Sekunde zögern werden, die neue Abhängigkeit der taz bei der nächstbesten Gelegenheit gegen sie zu kehren. Wer zudem meint, die taz-Leserschaft sei gegen derartige Werbekampagnen quasi immunisiert, unterschätzt sträflich die Orientierungslosigkeit, in der sich nicht wenige aufgeklärte Menschen heute befinden. Wie weit die Standpunkte auseinander liegen können, zeigt nicht zuletzt der Grünen-Beschluß zu Bundeswehreinsätzen am vergangenen Wochenende. Detlef Loy

Das nötige Geld kommt auch durch große bunte Anzeigen

Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich für den Abdruck solcher Anzeigen aussprechen. Die taz wird es nur durch weitere Professionalisierung schaffen zu überleben. Dazu gehört Geld, und das bekommt man unter anderem durch große bunte Anzeigen, auch wenn sie der „Feind“ finanziert. Die taz ist wirklich keine Insel und soll bitte überleben. Uwe Scheuritzel, Berlin