Verschobene Problemzonen

■ Der HSV kämpft sich mit dem 0:0 gegen Stuttgart weiter in Richtung zweite Bundesliga

Soll niemand sagen, Uwe Seeler wisse nicht, die Richtung anzugeben. Der Abstiegskampf sei „fast vergleichbar mit dem Pokal“, analysierte der Vereinschef vorab in der Stadionzeitung HSV live – da gäbe es keine Unentschieden, es zählten nur Siege oder das unaussprechliche Etwas, das einen in der Tabelle um keinen Punkt nach vorne bringt.

Doch die Mannschaft befolgte den Rat ihres Vorsitzenden nicht. Am 0:0 auf dem Rasen wurde nicht viel gerüttelt. Die Stuttgarter, bei denen Spielmacher Balakov fehlte und Stürmer Bobic angeschlagen ins Spiel ging, verlegten sich über weite Strecken aufs Kontern. Daß die technisch stärkeren Gäste daraus kein Kapital schlugen, lag an der mangelnden Feinabstimmung der Mannschaft, deren eine Hälfte sich in Tagen allgemeiner Gesundheit auf der Bank wiederfände. VfB-Trainer Joachim Löw sah beim zweiten Anzug, „daß der letzte Paß manchmal unpräzise war“.

Nun kann er darauf bauen, daß sein Team erstens mit dem 0:0 noch im Soll liegt und zweitens allmählich gesunden wird. Und der HSV? Zwar ließ Löw mit schwäbischer Freundlichkeit verlauten, daß die Pagelsdorf-Elf „bei diesem Potential“dem Abstieg noch von der Schippe springen werde. Doch vorerst kämpft sich der HSV von Remis zu Remis in Richtung zweite Liga. Und wird die alte Weisheit bemühen müssen, daß, wer kein Tor schießt, auch keine Spiele gewinnen kann. Wackelte in der Hinrunde noch die Abwehr, herrscht derzeit im Angriff die totale Flaute.

Yeboah bemühte sich um Quirligkeit, konnte aber wenig ausrichten, und Salihamidzic bewies eklatante Schwierigkeiten, den Ball richtig zu treffen, wenn denn eine der wenigen Gelegenheiten zum Torschuß kam. „Die Probleme haben sich nach vorne verschoben“, konzidierte Pagelsdorf, „jetzt, wo hinten Ordnung ist, fehlt vorne die Sicherheit“.

Die Akzente setzten derweil andere: 32 Spielleiter warben in der Halbzeitpause für die bundesweite Aktion „Ich bin gerne Schiedsrichter“. Schon vorher verteilte Greenpeace vor dem Stadion unter dem Motto „Kicken statt Castor“die „rote Karte für die Atompolitik“. Vier Bundesliga-Spiele müssen wegen der Polizeieinsätze beim Bahntransport nach Ahaus verlegt werden. „Keine Spiele verschieben wegen gefährlicher, überflüssiger und idiotischer Atommülltransporte!“, heißt es auf der Aktionspostkarte. „Gemischte Reaktionen“verzeichnete Greenpeace-Sprecher Gero Lücking, „aber insgesamt war's okay“.

Es gibt doch noch Mittel und Wege, das Volksparkstadion zufrieden zu verlassen. Folke Havekost

Hamburger SV: Butt – Gravesen – Panadic, Hertzsch – Böger, Kmetsch, Dembinski, Zeyer (75. Weetendorf), Hollerbach (65. Schnoor) – Yeboah, Salihamidzic

VfB Stuttgart: Wohlfahrt – Schneider, Verlaat, Berthold – Djordjevic, Haber, Endreß, Yakin, Lisztes (77. Ristic), Stojkovski – Bobic (87. Becker)

SR:
Krug (Gelsenkirchen) – Z: 30.500