Feilschen um Betten und Gelder

■ Krankenhausplan der Gesundheitsbehörde unter Beschuß / Krankenkassen fordern, eine ganze Klinik dichtzumachen

Die Bremer Ärztekammer malte letzte Woche ein Horrorszenario an die Wand: Krankenhäuser müßten wieder Notbetten aufstellen, wenn kurzfristig 500 Klinikbetten gestrichen würden. So plant es die Gesundheitsbehörde. Der von ihr vorgelegte Entwurf zur Krankenhausplanung steht derzeit intern unter Beschuß: Während die Ärztekammer um Stellen fürchtet, ist den Krankenkassen die vorgelegte Sparliste gar nicht lang genug.

Der Krankenhausplan legt den Bettenbedarf bis zum Jahr 2003 fest und wurde jetzt an Krankenhäuser und Kassen verschickt. Sie sollen bis Mitte April ihre Stellungnahmen dazu abgeben, was die Behörde nach Analyse von Bevölkerungsentwicklung sowie Faktoren wie zum Beispiel der Klinikverweildauer ausgerechnet hat. Durch neue Gesetze hat sich einiges verändert: Krankenhäuser werden zum Beispiel bei Operationen nicht mehr pro Liegetag sondern pro Fall bezahlt. Die Folge: Im Schnitt sind Bremer Patienten heute nur noch acht statt früher 16 Tage im Krankenhaus.

Jetzt rumort es hinter den Kulissen: Die Kassen stehen wegen sinkender Einnahmen durch hohe Arbeitslosigkeit unter Spardruck – aber sie sind es, die weiterhin mit ihrem Geld die Kliniken finanzieren. Sie beteiligen sich an Personal- und Sachkosten und zahlen die Behandlung ihrer Versicherten. Reine Investitionskosten wie neue OP-Räume übernimmt als Krankenhausträger die Stadt.

„Uns reicht es nicht, mal hier drei und mal dort fünf Betten zu streichen“, kritisiert Norbert Kaufhold, Leiter der AOK-Vertragsabteilung. Die AOK geht von mehr Sparpotential durch hohe medizinische Standards und kürzere Liegezeiten aus. Statt „Gießkannenprinzip“müßten daher ganze Stationen, Abteilungen oder ein ganzes Krankenhaus dicht machen.

Tatsächlich verteilt die Behörde die zu kürzenden Betten auf möglichst viele Häuser. Nur das Krankenhaus Sebaldsbrück, ein Ableger vom Zentralkrankenhaus Bremen-Ost, soll ganz aufgelöst werden – um statt Klinikbetten verstärkt ambulante Versorgung für Psychiatriepatienten in den Regionen vor Ort anzubieten. „Sonst wollen wir langfristig keine Kliniken dichtmachen“, macht Wilfried Bolles aus dem Referat Krankenhauswesen klar – sondern vielmehr Betten in ambulante Tageskliniken umschichten und Klinik-Kooperationen anstreben.

Es sei „unsinnig“ein ganzes Haus zu schließen, sagt Bolles. Seine Argumentation: Wenn man später wieder Betten in einer Disziplin brauche, „müssen wir die woanders erneut einrichten. Das kostet doch wieder.“Die Kassen sehen das anders: Eine solche Investition würde sich lohnen – wenn damit ein ganzer Standort aufgegeben werden könnte. Denn erst so ließen sich durch Abbau der gesamten Verwaltung Kosten sparen. Aber irgendwie wolle die Behörde nicht Nägel mit Köpfen machen. Ein Kassenvertreter formuliert das so: „Die wollen niemandem weh tun, da geht es natürlich auch um drohenden Arbeitsplatzabbau.“

Auch die Paracelsus-Klinik in der Vahr steht seit Ende 1996 auf der Abschußliste der Krankenkassen. Die Kassen kündigten ihren Versorgungsauftrag, doch die Gesundheitsbehörde spielte nicht mit – und lehnte eine Zustimmung ab. Dagegen sind die Kassen machtlos: Die Behörde hat als oberster Entscheidungsträger das Sagen. Sie will die Paracelus-Klinik zunächst nur um rund 50 Betten auf knapp 100 abspecken.

„Wir können die Klinik nicht einfach dichtmachen, weil wir dort noch Betten in der Orthopädie brauchen“, sagt dazu Wilfried Bolles aus der Gesundheitsbehörde. „Wir haben diesen Bedarf der Bürger eben berechnet und die Pflicht, danach zu planen.“Aber auch die Kassen argumentieren mit Patientenbedürfnissen: Wenn der Krankenhausplan so bleibt, müßten eben die Kassenbeiträge steigen, so ein Kassen-Vertreter.

Doch im Grunde ist jede Drohgebärde zwecklos: Denn laut Gesetz hat Gesundheitssenatorin Tine Wischer (SPD) das letzte Wort – auch wenn die Kassen den Plan, wie befürchtet, ablehnen.

Katja Ubben