Streit um Krankenhausverkäufe

■ Finanzsenatorin ist gegen das "Holding-Modell" der Gesundheitsverwaltung. Verkaufserlös dürfe nicht in die Modernisierung gesteckt werden. Grüne und DAG: Privatisierung verhindern

In der Diskussion um mögliche Verkäufe von städtischen Krankenhäusern und klinikeigenen Grundstücken bahnt sich ein Konflikt zwischen der Gesundheitsverwaltung und der Finanzsenatorin an. Gesundheitsstaatssekretär Detlef Orwat (CDU) möchte die Gewinne in die Modernisierung und Instandsetzung von Krankenhäusern stecken. Die Finanzverwaltung fordert dagegen, daß das Geld in den Landeshaushalt fließt.

Orwat möchte, wie berichtet, die elf kommunalen Krankenhäuser in einer Holding zusammenführen. Dabei hat es bereits Sondierungsgespräche mit der Landesbank Berlin (LBB) gegeben, die möglicherweise das Kapital für den Erwerb der Kliniken bereitstellen soll.

Auch der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband (DPWV) ist an den Häusern interessiert. Dieser will ebenfalls mit der LBB und einem Klinikkonsortium alle elf kommunalen Krankenhäuser kaufen. Diesen Vorstoß lehnt die Gesundheitsverwaltung jedoch ab.

Die Finanzverwaltung bevorzugt dagegen das DPWV-Modell, denn: „Alles, was den Landeshaushalt entlastet, liegt uns näher“, sagt Barbro Dreher, Referentin von Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD). Der DPWV möchte die Kliniken für 1,5 Milliarden Mark kaufen. Außerdem ist geplant, klinikeigene Grundstücke wie Parks oder leerstehende Gebäude zu veräußern.

Zu den Plänen Orwats, den Verkaufsgewinn in die Modernisierung der Krankenhäuser zu stecken, sagte Dreher, daß es wenig sinnvoll sei, sich die Mühe zu machen, erst die Häuser zu verkaufen und dann den Gewinn dort wieder hineinzustecken.

Der ehemalige gesundheitspolitische Sprecher der SPD und jetzige Geschäftsführer des Krankenhauses Lichtenberg, Roß, warnte die LBB vor einem „Vertragsbruch“ mit dem DPWV, sollte sie tatsächlich die Holding finanzieren. Der DPWV hat mit der LBB und der Asklepios GmbH bereits eine Gesellschaft für die Krankenhausübernahme gegründet. Roß kann sich jedoch nicht vorstellen, daß die LBB derartige Geschäftspraktiken mache.

Der bündnisgrüne Gesundheitspolitiker Bernd Köppl lehnt dagegen beide Modelle ab. Er verwies darauf, daß sowohl der Wohlfahrtsverband als auch die Eigentümer der geplanten Holding bei einem geschätzten Kaufpreis von 1,5 Milliarden Mark für den Kredit bei der LBB bei rund 6,5 Prozent Kapitalzinsen und 1 Prozent Tilgung für die nächsten 28 Jahre jährlich 112,5 Millionen Mark zahlen. Die Zinsen müßten dann aus dem Pflegesatz gezahlt werden, und das sei völlig „inakzeptabel“, so Köppl. Der Bündnisgrüne schätzt auch den Kaufpreis von 1,5 Milliarden Mark wesentlich höher ein, der Gesamtbesitz der städtischen Häuser liege bei 15 bis 20 Milliarden Mark, alles andere sei ein „Schnäppchen“. Köppl fordert, daß den städtischen Krankenhäusern mehr Eigenständigkeit gegeben wird, um wirtschaftlicher arbeiten zu können, sie aber nicht aus der öffentlichen Hand zu geben.

Auch die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) ist gegen die Privatisierung der Krankenhäuser. „Die Krankenhäuser sind auch in ihrer jetzigen Rechtsform wirtschaftlich handelnde Einrichtungen, die durch die Krankenkassen gezwungen werden, sparsam zu wirtschaften“, sagte die sozialpolitische Sprecherin der DAG, Wilma Henneberg. Sie befürchtet, daß bei einer Privatisierung, von übergeordneten politischen Zielen Abschied genommen wird. Julia Naumann