Press-Schlag
: Zurück zum guten Buch

■ Mittel wider die Öde der Bundesliga

Geht es Ihnen eigentlich auch so, daß sie samstags wieder prächtig zum Lesen kommen? Erfrischt durch einen kleinen Spaziergang im Nieselregen oder gar einen Stadionbesuch begibt sich der Fußballfreund vor seinen Fernseher und legt sich vorsorglich ein erbauliches Buch bereit, um den Werbepausen bei der Bundesligaberichterstattung trotzen zu können. Immer häufiger ertappt er sich dabei, daß er ungerührt weiterliest, wenn der nächste Spielbericht beginnt, da sich die Lektüre als erheblich spannender erweist als das Geschehen auf der Mattscheibe. Was gibt es schon zu verpassen? Kaiserslautern, wie es das nächste Spiel glücklich gewinnt? Das erfreut nur den Homo betzenbergiensis, der in einer verschworenen Geheimloge, der auch zahlreiche Schieds- und Linienrichtern angehören, emsig an einem verwegenen Projekt arbeitet. Ein klandestiner Zirkel, welcher an der Machtübernahme Otto Rehhagels im Weltfußball feilt, vermutlich mit Unterstützung von Havelange. Lange kann es nicht mehr dauern, bis die ersten unseligen Pfeifenmänner an Londoner Brücken hängen werden. Doch wir schweifen ab.

Völlig unspannend die Lage im Vorderfeld der Tabelle. Die verzweifelte Option vieler, für Bayern zu sein, damit Otto scheitert, ist erstens Geschichte und zweitens kann niemand wirklich so tief sinken. Komplett ohne Interesse die Frage, wer Zweiter wird. Leverkusen, Bayern, Schalke, Stuttgart, alles gleich, alles egal, so spannend wie ein volle Flasche Lebertran. Selbst der Hämefaktor zieht nicht mehr. Natürlich ist es hübsch, wenn Rolf Rüßmann so guckt wie damals, als ihm Krankl schon wieder weglief, aber dem netten Meier wünscht man nichts Böses, und Gladbach steigt sowieso nicht ab. Ebensowenig Köln und Dortmund, sondern vermutlich die armen Schweine aus Bielefeld und Wolfsburg.

Die Spiele selbst sind sogar im Zusammenschnitt öde. Tore werden entweder gar nicht oder unter dummboldiger Mithilfe des Gegners erzielt. Den größten Klops leistete sich Bielefeld gegen Dortmund. Wer in den letzten zwei Minuten zwei Tore schießt, hat einfach die verdammte Pflicht, auch das dritte zu schießen. Alles andere ist glatte Veräppelung. Früher bei Heribert hätte es derart miese Dramaturgien nicht gegeben.

Und dann noch diese Reporter, denen man jederzeit abnimmt, daß es für sie die höchste Form der Unterhaltung darstellt, sich stundenlang den gleichen Trick eines fußballernden Brasilianers anzuschauen: „Sollen sie mich ruhig entlassen, meine Damen und Herren, aber ich zeige Ihnen Ratinhos Übersteiger tausendmal.“ Vielleicht gar keine üble Idee. Dann braucht man seine Lektüre wenigstens überhaupt nicht mehr zu unterbrechen. Matti