5 Mark als giftig-grüner Knubbel

Der Beschluß der Grünen, den Benzinpreis auf fünf Mark zu erhöhen, droht zu einem PR-Desaster zu werden. Selbst 40 Prozent der Basis finden das falsch  ■ Von Patrik Schwarz

Berlin (taz) – „Flubber“, informierte gestern die Deutsche Presse-Agentur, ist eine giftig-grüne Gummimasse voller Energie und Launen. Je nach Lust verfestigt sie sich fröhlich hüpfend oder pfeift schnell und böse wie eine Gewehrkugel durch die Luft. „Flubber“, so dpa, ist der neue „Familienfilm aus dem Hause Disney“. Die Beschreibung hätte auch auf eine der umstrittensten Resolutionen des Grünen-Parteitags in Magdeburg gepaßt: Ein komplexer Beschluß zum ökologischen Umbau des Steuersystems verfestigte sich zum giftig-grünen Knubbel, der seit Tagen fröhlich durch die Republik hüpft. Grünwählen heißt, einen Spritpreis von fünf Mark wählen.

So schnell sich die Vorstandssprecher Gunda Röstel und Jürgen Trittin auch bemühten, dieser Gleichsetzung entgegenzutreten, sowenig vermochten sie den Flubber wieder einzufangen. Angeheizt von der CDU, pfeift er durch die Wahlkampflandschaft – böse und schnell wie eine Gewehrkugel.

Zur nicht geringen Überraschung einer Partei, die sich intern schon lange über die Fünf-Mark- Forderung einig war, findet sie sich damit in den Schlagzeilen wieder – und in der Kritik. Was ein Polit- Coup hätte werden können, nimmt zunehmend Züge eines PR-Desasters an. Am Wochenende verbreiterte sich die Front der Ablehnung erneut. Der Vorsitzende der IG Bergbau – Chemie – Energie, Hubertus Schmoldt, sagte dem Nachrichtenmagazin Focus: „Fünf Mark für Benzin halte ich für eine Katastrophe.“ Er wisse nicht, „warum das immer wie das Ungeheuer von Loch Ness auftaucht“. Hubert Weinzierl vom Ökoverband BUND hielt dagegen, Ziel einer höheren Besteuerung von Benzin sei nicht, die Autofahrer zu ärgern. Mit einem veränderten Steuersystem könnte zugleich Arbeitslosigkeit und Umweltzerstörung bekämpft werden.

Für die Frage, welche Konsequenzen der Beschluß für rot- grüne Wahlchancen hat, dürfte eine neue Forsa-Umfrage gravierender sein als Funktionärsmeinungen. Danach nannten es 84 Prozent aller Bundesbürger „falsch“, den „Benzinpreis auf fünf Mark anzuheben“. Aus der Umfrage im Auftrag der Bild am Sonntag geht nicht hervor, ob den 1.005 befragten Wahlberechtigten klar war, daß die Anhebung über fünf Jahre gestreckt und Teil eines Konzepts für eine ökologische Steuerreform ist. Indirekt zeigt die Umfrage aber auch, wie schwer es der Parteispitze offenbar fällt, der Öffentlichkeit die genauen Konditionen zu vermitteln, an die die Preiserhöhung gebunden ist: Selbst 36 Prozent der Grünen-Anhänger halten den Beschluß für falsch.

Fast die Hälfte der Deutschen glaubt der Umfrage zufolge, daß die Chancen für eine rot-grüne Bundesregierung nach dem Magdeburger Parteitag gesunken sind. Neben dem Benzinpreis-Beschluß stößt vor allem die Ablehnung von Bundeswehreinsätzen im Rahmen internationaler Friedenstruppen auf Unverständnis. 69 Prozent bezeichneten diesen Beschluß als falsch. Auch bei den Grünen-Anhängern wandte sich eine Mehrheit von 59 Prozent gegen die Bundeswehr-Resolution.

War bereits die Benzin-Debatte ein verunglücktes Knäuel aus Programmatik und PR, so droht die Kontroverse um die grüne Position zu Bosnieneinsätzen der Partei den nächsten Wahlkampf-Flubber zu bescheren. Der grüne Bundestagskandidat Hans-Christian Ströbele mahnte die Bonner Fraktion eindringlich, der Verlängerung des SFOR-Mandats der Bundeswehr nicht zuzustimmen, sondern sich an das Magdeburger Programm zu halten. Vorstandssprecher Trittin konterte mit dem Appell an die Abgeordneten, sich nicht in „Grabenkämpfe zwischen Partei und Fraktion hineintreiben“ zu lassen.

Trotzdem löst sich vielleicht ja alles doch noch in Harmonie auf. Disneys „Flubber“ könnte da den Weg weisen. „Einer der Höhepunkte ist eine Tanznummer, in der sich unzählige kleine Flubber- Babys elastisch-wippend zu einem kunstvollen Mambo formieren.“