Denkzettel für Kaffee-Christen bei Eduscho

■ Machtwechsel im Betriebsrat: Belegschaft wählt christliche Gewerkschafter ab, die Stellenabbau mittragen

Die Eduscho-Mitarbeiter haben mit einer Tradition im Hause des Bremer Kaffee-Rösters gebrochen: Mit knapper Mehrheit wählten sie bei den Betriebsrats-Wahlen die bisher tonangebenden christlichen Gewerkschafter vom Deutschen Handels- und Industrieangestelltenverband (DHV) ab. Damit erteilten die Eduscho-Leute der auf Konsens zur Unternehmensleitung ausgerichteten Politik der Belegschaftsvertreter unter dem Vorsitzenden Peter Marx eine Absage. Künftig dürfte es ruppiger zugehen zwischen Belegschaft und Chefs.

Marx hatte den Abbau von 1.000 Stellen und das einschneidende Sanierungskonzept des neuen Eduscho-Eigners Tchibo mitgetragen. Die siegreiche Konkurrenz aus der DGB-Gewerkschaft Nahrung, Genuß, Gaststätten (NGG) und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) wirft deshalb Marx „grobe Pflichtverletzungen und fahrlässigen Umgang mit den Interessen der Beschäftigten vor“. Er habe nicht genügend getan, um die Arbeitsplätze zu retten und zu schnell einem Sozialplan für die von der Entlassung bedrohten Mitarbeiter zugestimmt.

Die gemeinsame Liste von NGG und DAG errang 14 der 27 Betriebsratsmandate und kann bei der konstituierenden Sitzung des Betriebsrates am Mittwoch den Vorsitzenden wählen. 13 Mandate gingen an den Christlichen Gewerkschaftsbund (CGB). Bei der letzten Wahl hatte der CGB noch 21 von 29 Mandaten geholt, seine Machtbasis lag dabei traditionell eher in den bundesweit verstreuten Filialen als in der Bremer Zentrale. Zu den Wahlen 1998 waren noch 5.636 Mitarbeiter stimmberechtigt, knapp die Hälfte hat sich beteiligt.

Marx will jetzt aus dem Betriebsrat ausschieden. Er sagte gegenüber der taz, man werde sehen, ob Konfrontation zur Geschäftsleitung für das verlustbringende Unternehmen und den Standort Bremen der bessere Weg sei. In Verhandlungen habe er während der letzten Wochen den Erhalt von 19 Filialen erreicht, die die Unternehmensleitung eigentlich auf der Schließungsliste hatte. Jede gerettete Verkaufsstelle sichere auch einen Arbeitsplatz in Bremen.

Für den Landesvorsitzenden des CGB, Peter Rudolph (im Hauptberuf Mitarbeiter der CDU-Bürgerschaftsfraktion), kam die Niederlage seiner am Gedanken der Sozialpartnerschaft orientierten Organisation nicht überraschend. Es sei nicht gelungen, die Zustimmung zu Stellenabbau und Sanierungskonzept als positiv für die Mitarbeiter herauszustellen. Er verwies auf das Beispiel Bremer Vulkan, wo notwendige Einschnitte von den Arbeitnehmervertretern zu lange blockiert worden seien, was schließlich mit dem Verlust aller Arbeitsplätze geendet habe. Auch Eduscho sei noch immer von der Pleite bedroht.

Für die Sieger bricht nun eine neue Ära bei Eduscho an. Die Betriebsratsarbeit werde wieder zielorientiert an den Interessen der Belegschaft ausgerichtet, sagte DAG-Bezirksleiter Werner Klimm. DAG und NGG haben bei Eduscho eine Bastion genommen, die ihnen lange viel Ärger beschert hatte. Immer wieder hatte es unter der Regie des patriarchalischen Ex-Eigentümers Rolf Schopf harte Konfikte um die Gewerkschaftsarbeit gegeben. Joachim Fahrun