Wohlfahrtsverband für Personalabbau

Bei einer Übernahme der städtischen Kliniken durch den Paritätischen Wohlfahrtsverband würden wegen massiven Bettenabbaus 15.000 Arbeitsplätze wegfallen. Gründung einer Beschäftigungsgesellschaft geplant  ■ Von Julia Naumann

Die Krankenhäuser der Stadt müssen dringend einen Teil ihrer über 27.500 Betten abbauen. Dies gilt insbesondere für die städtischen Kliniken – soweit sind sich Krankenkassen und Senat einig. Doch auf welchem Weg, ist noch völlig unklar.

Für die Zukunft der elf kommunalen Kliniken gibt es verschiedene Vorschläge: Gesundheitsstaatssekretär Detlef Orwat (CDU) will eine Krankenhaus- Holding gründen. Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband (DPWV) möchte zusammen mit der Landesbank Berlin (LBB) und der Asklepios Kliniken GmbH, die in Deutschland und in den USA bereits 33 Kliniken betreibt, sämtliche städtische Krankenhäuser kaufen. Das Ziel: langfristig an die Börse zu gehen. Für das DPWV- Modell wurde bereits eine Betreibergesellschaft gegründet. Diese hat jetzt ein internes Strategiepapier für die Übernahme entwickelt, das der taz vorliegt.

Das Papier ist brisant: Die Betreibergesellschaft will in den nächsten vier bis fünf Jahren 8.000 Betten abbauen. Die in der jetzigen Senatskrankenhausplanung vorgesehene Verringerung um 3.500 Betten sei „völlig ungenügend“, heißt es in dem Papier, da es langfristig zu weiteren Verkürzungen der Liegezeiten komme und immer mehr Kranke ambulant versorgt würden.

Auch betriebsbedingte Kündigungen sind für den Wohlfahrtsverband kein Tabu. Während den Beschäftigten in den kommunalen Krankenhäusern derzeit nicht gekündigt werden kann, weil sie Angestellte des öffentlichen Dienstes sind, sind Kündigungen bei einer Übernahme durch den DPWV möglich. Der DPWV geht davon aus, daß durch den Bettenabbau rund 15.000 Arbeitsplätze „freigesetzt“ werden – pro Bett zwei Jobs. Geplant ist, daß die Hälfte der ehemaligen KrankenhausmitarbeiterInnen in eine Beschäftigungsgesellschaft wechseln soll.

Als Teilhaber der Beschäftigungsgesellschaft ist unter anderen der Dienstleistungsunternehmer Dussmann im Gespräch, der neben dem Kulturkaufhaus hauptsächlich Reinigungsdienste sowie einen Service für die Verpflegung von Krankenhäusern und Senioreneinrichtungen betreibt. Genauso wie Dussmann zeige auch die Reinigungsfirma Gegenbauer „hohes Interesse“ an der Beteiligung in der Beschäftigungsgesellschaft. Laut Strategiepapier soll die Gesellschaft Betriebe aufbauen, die den Krankenhäusern dann Dienstleistungen anbietet – Reinigung, Catering, Wäscheversorgung und Laborarbeiten.

Die andere Hälfte der 8.000 früheren Krankenhausbeschäftigten soll nach Plänen des DPWV weiterqualifiziert und umgeschult werden. Für welche Bereiche, ist aus dem Papier nicht zu erkennen. Außerdem soll eine Leiharbeitsfirma gegründet werden, die einen Teil der Beschäftigungslosen mit kurzfristigen Jobs versorgt. Jedoch wird es auch einen nicht geringen Teil von ehemaligen KrankenhausmitarbeiterInnen geben, die durch die Übernahme des DPWV in die Arbeitslosigkeit entlassen werden. Genaue Zahlen liegen bisher nicht vor.

Wenn DPWV, Asklepios GmbH und LBB die Krankenhäuser tatsächlich erwerben, soll den Krankenkassen innerhalb von zwölf Monaten ein Neuordnungskonzept für die Häuser vorgelegt werden. Den Kaufpreis schätzt der DPWV auf rund 1,5 Milliarden Mark. Ebenfalls wird eine Grundstücksverwertungsgesellschaft tätig – Gesellschafter sind das Land Berlin und die LBB. Sie wird sondieren, welche Grundstücke auf den Klinikgeländen – zum Beispiel Parks oder nicht mehr genutzten Gebäuden – kommerziell vermarktet oder gar verkauft werden können. Das Geld, so heißt es in dem Papier, soll dem Land zur Finanzierung der Beschäftigungsgesellschaft und zur Finanzierung von Investitionen und möglichen Verlusten in Krankenhäusern zur Verfügung gestellt werden.

Wenn alle nicht mehr benötigten Grundstücke verkauft sind, soll langfristig eine Aktiengesellschaft gegründet werden, in der die Krankenhäuser eingebracht werden. Dem DPWV schweben „Volksaktien“ vor, die BerlinerInnen kaufen, weil sie sich mit „ihrem“ Krankenhaus identifizieren. Ob das DPWV-Modell zum Zuge kommt, ist ungewiß. Die Gesundheitsverwaltung hat bereits signalisiert, daß sie der Privatisierung nicht zustimmen will.