Brandenburger Justiz verhindert Aufklärung

■ „Rädelsführer“ einer Knastrevolte abgeschoben. Zeugen „rassistischer Schikanen“

Berlin (taz) – Die Brandenburger Justiz bringt offenbar reihenweise unliebsame Zeugen des Brandes im Eisenhüttenstädter Abschiebegefängnis außer Landes. Diesen Vorwurf erhebt die Berliner Forschungsgesellschaft „Flucht und Migration“. Letzte Woche sollte bereits der Hauptangeklagte abgeschoben werden. Von neun beschuldigten AusländerInnen sind bereits vier außer Landes gebracht worden.

Der zuständige Richter Werner Ruppert sieht es nach eigenem Bekunden nicht als seine Aufgabe an, die Hauptverhandlung zu eröffnen. Statt dessen entledigt er sich reihum der Angeklagten, indem er „zum Zwecke der Abschiebung“ die Haftbefehle außer Vollzug setzt – allerdings nur vorübergehend. Die Anwältin von C., Undine Weyer, moniert, daß dies gesetzwidrig sei. Richter Ruppert müsse die Anklage laut Gesetz komplett fallenlassen, wenn er abschieben wolle.

Die Abschiebung des Ghanaers C. mißlang dieser Tage nur, weil sich der Pilot der Transportmaschine weigerte, ihn auszufliegen. C. gehört zu den neun der „Rädelsführerschaft“ einer Häftlingsrevolte bezichtigten Männern. In Eisenhüttenstadt war es im November letzten Jahres zu dem Aufstand gekommen, als der Ghanaer C. abgeschoben werden sollte. Nach seiner Darstellung hatten Vollstreckungsbeamte ihn im Schlaf überwältigt. Er wehrte sich, Mithäftlinge eilten zu Hilfe, die Situation eskalierte. Die Anwälte der Abschiebehäftlinge und die Forschungsgesellschaft „Flucht und Migration“ gehen davon aus, daß so unliebsame Zeugen der „rassistischen Schikanen“ in Eisenhüttenstadt zum Schweigen gebracht werden sollen.

Nach Anwältin Weyer agiert der Eisenhüttenstädter Richter Ruppert eigenmächtig. Es liege kein Antrag der Staatsanwaltschaft vor, die Angeklagten abzuschieben oder die Verfahren einzustellen. Ruppert sei nicht zuständig gewesen. „Er hat das Verfahren unrechtmäßig an sich gezogen und meinem Mandanten das Recht auf den gesetzlichen Richter genommen“, verwies Weyer auf den wichtigen rechtsstaatlichen Grundsatz. Er soll verhindern, daß Sondergerichte entstehen.

Ruppert hält es auf Anfrage der taz nicht für nötig, zu den Vorwürfen gegen ihn Stellung zu beziehen. Daß C., den er im November „eingelocht“ hatte, jetzt „hoffentlich schon weg“ sei, sei Beweis genug, daß das Verfahren rechtmäßig abgelaufen sei. Marina Mai