Lokalkoloratur

Streitigkeiten sind sein Beruf. Als Zivilrichter ist er ständig mit dem Gefeilsche und Gezetere zankender Ehepaare oder Geschäftspartner befaßt. Zuvor als Strafrichter scheute Wolfgang Neskovic sich nicht, Naserümpfen bei der konservativen RichterInnenschaft zu provozieren. Die sich auch prompt majestätisch beleidigt abwandte, als Neskovic es wagte, die jahrzehntelang überlieferte Drogenrechtsprechung in Frage zu stellen. Nun strebt der aufmüpfige Richter danach, ein weiteres Schlachtfeld einzunehmen: Er kandidiert bei den Lübecker Kommunalwahlen am Wochenende für die Grünen – und tritt damit gegen seine ehemaligen ParteikollegInnen aus der SPD an. 1995 hatte er das Parteibuch gewechselt, aus Protest gegen die Verschärfung des Asylrechts und den geplanten Großen Lauschangriff. Wahltaktisch sitzt er auf dem ersten unsicheren Listenplatz, der Nummer Sechs. Aber „ich habe in Lübeck ja nicht nur einen schlechten Ruf“, hofft der Köder für neue WählerInnenstimmen. ee