Grüne tanken Mut: Es bleibt bei 5 Mark

■ Bündnis 90/Die Grünen liegen in Sachsen-Anhalt bei nur noch vier Prozent, nachdem sie auf ihrem Parteitag 5 Mark für den Liter Benzin gefordert haben. Die Parteispitze will den Beschluß trotzdem nicht kippen

Bonn (taz/dpa) – Mit ihrer Forderung nach fünf Mark für den Liter Benzin haben die Grünen zwar kaum eine Chance, nennenswert Wähler zu gewinnen, diese wollen sie aber „offensiv“ nutzen. Mehrere führende grüne Politiker erteilten gestern der Überlegung eine Absage, die fünf Mark wieder zu streichen. An dem Wahlprogramm werde nicht mehr gerüttelt, betonten sowohl Parteisprecher Jürgen Trittin als auch Fraktionssprecherin Kerstin Müller. Trittin erklärte, das Ökokonzept werde im Wahlkampf nun offensiv vertreten, die Grünen sähen es als Chance und nicht als Risiko.

Zuvor hatte der frühere parlamentarische Geschäftsführer, Werner Schulz, einen Sonderparteitag gefordert, um den Beschluß wieder zu kippen, sollten die Grünen bei den bevorstehenden Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt scheitern. Laut einer Umfrage des Forsa-Institutes liegen die Grünen dort zur Zeit bei vier Prozent. Vor vier Jahren waren sie nur knapp mit 5,1 Prozent in den Landtag eingezogen. Der Geschäftsführer des Forsa- Institutes, Manfred Güllner, erklärte gestern, die Fünf-Mark-Forderung habe den Grünen auch bundesweit schwer geschadet. Sie hätten nach dem Magdeburger Parteitag, auf dem das Programm beschlossen wurde, drei Prozent verloren und lägen derzeit bei sechs Prozent. Vor allem in Ostdeutschland ist der Beschluß nach Schulz' Ansicht „nicht gerade ein Wählermagnet“.

Die finanzpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Christine Scheel, teilt zwar Schulz' Skepsis, nicht jedoch seine Konsequenz. Es wäre strategisch falsch, den Beschluß nochmals aufzurollen. „Das Kind ist nun mal in den Brunnen gefallen. Nun müssen wir sehen, wie wir es da wieder rausbekommen.“ Ähnlich äußerte sich auch der Vorsitzende der Landtagsfraktion in Baden-Württemberg, Fritz Kuhn, gegenüber der taz. Die Nennung der fünf Mark sei ein taktischer und strategischer Fehler gewesen, doch nun wäre es ein Fehler, diesen Beschluß wieder zu streichen. Die Grünen ließen selbstverständlich über die Größenordnung und das Einstiegsszenario ihres Modells mit sich reden. „Ob das vier Mark oder fünf Mark sind, das ist egal.“ Jeder wisse doch, daß im Koalitionsvertrag etwas anderes stehen werde. Der SPD-Kanzlerkandidat Gerhard Schröder hatte die Fünf-Mark-Forderung als Quatsch bezeichnet, der mit der SPD nicht zu machen sei. dr Seiten 6 und 12