Kassen werden therapiefähig

Hamburgs Krankenkassen wollen doppelt so viele TherapeutInnen wie bisher anerkennen. Wartezeiten sollen kürzer werden  ■ Von Lisa Schönemann

Angst, psychosomatische Erkrankungen, Depression – obwohl diese Krankheiten immer häufiger auftreten, stehen die Krankenkassen mit PsychotherapeutInnen auf Kriegsfuß. Selbst aufgrund einer Vergewaltigung traumatisierte Frauen hatten in der Vergangenheit Probleme, von der Versicherung Geld für eine Therapie zu bekommen. Das soll sich nun ändern. Mit der Verabschiedung des sogenannten Therapeutengesetzes sollen allein in Hamburg rund 400 PsychologInnen eine Kassenzulassung erhalten.

Die Regelung gilt ab Januar 1999. Für alle, die seit Monaten auf ein psychologisches Gespräch warten und sich keine privatfinanzierte Therapie leisten können, werden die Hürden damit gesenkt. Bislang mußte die Therapie zudem von einem Neurologen oder Psychiater befürwortet und verordnet werden. Auch dieses Hindernis fällt jetzt weg. Nach dem neuen Gesetz werden PsychologInnen mit psychotherapeutischer Zusatzausbildung den ÄrztInnen formal gleichgestellt. Sie müssen aber eine bestimmte Zahl an Gesprächen mit PatientInnen und Therapiestunden nachweisen.

Für die KlientInnen werde sich „die Situation deutlich verbessern“, davon ist Gerda Krause von der Landesgruppe des Berufsverbandes überzeugt. Die langwierige Suche nach einem Therapieplatz gehöre der Vergangenheit an. Der Deutsche Psychotherapeutenverband (DPTV) ist noch aus einem anderen Grund hochzufrieden: Die Berufsbezeichnung „Psychotherapeut/Psychotherapeutin“wird künftig gesetzlich geschützt. Den Titel darf nur noch führen, wer eine entsprechende Qualifikation nachweisen kann. In einem Punkt bleibt der Wildwuchs in diesem Sektor unangetastet: Der Hinweis „Psychotherapie“auf dem Türschild ist nach wie vor jedem erlaubt.

Rund 80.000 ambulante Therapieplätze werden in Hamburg benötigt, schätzt der DPTV. Dieser Bedarf müsse von den Beratungseinrichtungen, größtenteils aber von den PsychotherapeutInnen gedeckt werden. „Die Versorgung durch BehandlerInnen mit Kassenzulassung deckt bisher lediglich rund 15 Prozent des Bedarfs“, so Gerda Krause. Bislang gibt es in der Hansestadt rund 400 ÄrztInnen, VerhaltenstherapeutInnen und AnalytikerInnen mit Kassenzulassung. Zu ihnen werden sich die rund 400 PsychotherapeutInnen gesellen, die demnächst bei der Gesundheitsbehörde ihre Approbationen beantragen können. Für Gerda Krause entsteht so „ein Hauch von Therapeutenwahlfreiheit“.

Ausgerechnet die seelisch Kranken werden jedoch die Ersten sein, die vor einer ärztlichen Behandlung einen Geldschein zücken müssen: Bei jeder Sitzung wird, Härtefälle ausgenommen, ein Obolus von zehn Mark fällig. Bislang werden Zuzahlungen nur bei Arzneien, Krankenhausaufenthalten und physiotherapeutischen oder ähnlichen Maßnahmen erhoben.

Der DPTV e.V. informiert unter % 858024 % 6448049 über geeignete TherapeutInnen