Mit Brüssels Geldtöpfen auf du und du
: Vor dem warmen Regen steht Statistik

■ Nur bei sehr hoher Arbeitslosigkeit hat Bremen eine Chance auf Förderung

Die Europäische Union will ihre Förder-Gießkanne genauer auf wirklich bedürftige Regionen ausrichten. Sonst ist die geplante Erweiterung um die ärmeren osteuropäischen Staaten nicht zu bezahlen. Nachdem die EU-Kommission am Mittwoch ihr Konzept vorgestellt hat, bleibt die Frage, mit wieviel Geld aus Brüssel Bremen ab dem Jahr 2000 rechnen kann.

Im Zeitraum von 1994 bis 1999 fließen aus diversen Förder-Fonds insgesamt 600 Millionen Mark nach Bremen und Bremerhaven. Eine Summe, die 2000 bis 2004 kaum wieder erreicht werden dürfte. Bisher hat die EU Projekte wie den Schlachte-Ausbau, den Technologie-Park an der Universität, den Klangbogen auf der Bürgerweide, die Vulkan-Beschäftigungsgesellschaft Mypegasus und diverse Qualifizierungsmaßnahmen mitfinanziert.

Zur Debatte steht ab 2000 die sogenannte „Ziel-2-Förderung“, mit der Brüssel Regionen mit überdurchschnittlich vielen Arbeitslosen unter die Arme greift (Ziel 1 sind Regionen, deren Wirtschaftsleistung pro Kopf nur 75 Prozent des EU-Durchschnitts erreicht, wie etwa ganz Ostdeutschland). Aus diesem Regional-Fördertopf erhielt Bremerhaven bisher 90, Bremen 180 Millionen Mark. 330 Millionen kommen aus dem Europäischen Sozialfonds und kleineren Programmen zum Umbau von Krisenbranchen wie der Fischerei oder der Stahlindustrie.

Wegen der Rekordarbeitslosigkeit in der Seestadt sieht die Bremer Europaabgeordnete Karin Jöns (SPD) Bremerhaven sicher in der Ziel-2-Förderung. Ob Bremen drin bleibt, entscheidet sich erst Anfang 1999. Dann haben die Statistiker der europäischen Behörde Eurostat die Arbeitslosigkeit für die drei vorangegangenen Jahre ermittelt. Nur, wenn die Stadt Bremen dann über dem EU-Durchschnitt liegt, hat sie überhaupt eine Chance. Das könnte eng werden. 1996 lag Bremen knapp darunter, 1997 knapp darüber. Selbst wenn Bremen die Kritierien erfüllen sollte, liegt es immer noch im Ermessen der Bundesregierung, ob sie Bremen oder andere Regionen zur „Ziel-2-Förderung“anmeldet. Bremens Europa-Staatsrat Günter Niederbremer (CDU) will dazu in Bonn Bremer Vorschläge einbringen.

Karin Jöns meint, Bremen müsse nun sowohl in Bonn als auch in Brüssel Lobby-Arbeit machen, um auf nationaler Ebene berücksichtigt zu werden. Denn falls Bonn mit seinen Fördervorschlägen krass gegen die EU-Kriterien verstoße, könne die Kommission selbst eingreifen. In Jöns' Büro fürchtet man, daß die Bundesregierung überhaupt kein starkes Augenmerk auf die Regionalfonds legen könnte: Das Geld fließt hauptsächlich in SPD- bzw. rot-grün regierte Bundesländer wie das Saarland oder Nordrhein-Westfalen.

Ein eigenes Ermessen haben die Organe der EU auch bei der Verteilung der Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds. ESF-Geld darf nach Angaben der Europaparlamentarierin Jöns auch nach 2000 in solche Regionen fließen, die nicht unter das „Ziel 2“fallen, solange die vorgeschlagenen Projekte als inhaltlich sinnvoll angesehen werden. So wolle sich das Europaparlament besonders der Förderung sozial ausgegrenzter Menschen annehmen. jof