Bremen ist eben sehr klein

■ Blanke Nerven bei Radio Bremen. Jetzt soll der Intendant gehen, weil er Unsinn redete

„Wir machen uns bundesweit lächerlich“, auf diese Formel brachte Manfred Fluß, SPD-Verwaltungsrat bei Radio Bremen, die Diskussion um den Intendanten Karl-Heinz Klostermeier. CDU- wie SPD-Vertreter hatten nach der Rundfunkratssitzung am Montag dessen Rücktritt gefordert. Er könne „verstehen, daß die Leute in der Situation, in der sich der Sender befindet, nach einem Führer rufen“ – so wie 1932, hatte Klostermeier gesagt. Zwar hatte er sich entschuldigt. Aber seine Äußerung fiel in eine Situation, in der die Nerven blank lagen.

Für viele ist die Organisationsstruktur des von Klostermeier geleiteten Direktoriums der Grund, warum der kleinste der ARD-Sender so unbeweglich ist – jeder der Direktoren verteidigt sein Fürstentum. Nicht nur Bremens CDU- Chef Bernd Neumann, auch der SPD-Fraktionschef Christian Weber sorgt sich laut um die Zukunft von Radio Bremen. Über den ARD-Finanzausgleich bekommt der Sender 80 Millionen Mark im Jahr, über eigene Gebühren nur 69 Millionen dazu. Der Finanzausgleich jedoch wird im Jahr 2000 wohl endgültig gekündigt (siehe Artikel links).

Klostermeier verweist unbeeindruckt darauf, er habe das Geld immer noch bekommen. Neumann glaubt nicht daran – er meint, daß seine CDU-Kollegen in Bayern und Baden-Württemberg hart bleiben. Und die örtliche SPD weiß aus rot regierten Ländern, daß auch dort keiner mehr für Radio Bremen zahlen will. Lange hat der Intendant von Radio Bremen sich geweigert, sich übers Sparen gründliche Gedanken zu machen. Schließlich wurde doch noch eine „Zukunftskommission“ gegründet.

Die Fernsehproduktion von Radio Bremen ist teuer und an einer „kritischen Grenze“ angelangt. Im Radio ist die Kulturwelle „Radio Bremen 2“ der teuerste Posten. Die jedoch will man auf keinen Fall aufgeben und verweist auf den öffentlich-rechtlichen Auftrag. Mit seinen 600 Stellen, behauptet Radio Bremen, sei man im Vergleich zu anderen Anstalten regelrecht preisgünstig. Nur sei eben das zugrunde liegende Gebührengebiet des Senders zu klein.

Immer mal wieder wird zaghaft über Kooperationen mit dem NDR geredet. Der riesige Drei- Länder-Sender, der das Radio- Bremen-Gebiet komplett umgibt, verweist stets darauf, wie gut es mit Mehrländeranstalten klappt. Doch den Sanierungsfall Radio Bremen will sich NDR-Intendant Jobst Plog nur ungern aufladen. Daher kommt bei Gesprächen auch nicht besonders viel heraus – wenn es überhaupt solche gibt. In Hamburg sprach man vor einigen Monaten noch von „absoluter Funkstille“.

In Bremen heißt es, für das verkorkste Verhältnis zwischen Klostermeier und Plog spiele vielleicht auch eine persönliche Geschichte eine Rolle. Schließlich habe Klostermeier einst Plogs Bruder Johann als Radio-Bremen-Werbe- Mann zurückgestuft. Ein Verwaltungsratsmitglied aus Bremen wagte dennoch jüngst die Reise nach Hamburg. Das Klima wurde verbessert, sagt er. Gute Ideen, die zweistellige Millionenbeträge einsparen könnten, kamen aber bei all dem nicht heraus. Die Stimmung ist so gereizt, daß der sonst für seine Bierruhe bekannte Intendant sich zu seinem Vergleich mit 1932 provozieren ließ.

Vor allem die CDU, die Klostermeier vor zwölf Jahren mit inthronisierte, würde nun lieber mit einem neuen Intendanten in die Gespräche über die Senderzukunft gehen. „Wen würden wir denn kriegen in der jetzigen Lage?“ fragt dagegen aber SPD-Verwaltungsrat Fluß. Klostermeier sei immerhin ein alter Hase. In diesem Sinne weisen auch unabhängige Rundfunkräte die Rücktrittsforderung zurück. Auch Klostermeier hat fürs erste erklärt: „Ich trete nicht zurück.“ Klaus Wolschner