: Mehr Polizei und Presse beim Castor als Protestler
■ In Gundremmingen starteten drei Atommüllbehälter – zur Überraschung der AKW-Gegner
Gundremmingen (taz) – Ein wenig anders als sonst war es schon, als gestern um Punkt 14 Uhr der Castor-Sammeltransport das größte deutsche Atomkraftwerk Gundremmingen verließ. Statt wie beim letzten Mal rund 2.700 Polizisten, sicherten diesmal bloß 800 die drei neuen Großcastoren vom Typ V/52, die im Schrittempo vom AKW zum Bahnhof Offingen gezogen wurden. Hier mußte dann erst mal kräftig hin und her rangiert werden, weil die Gleise des kleinen Bahnhofs zu kurz sind, um den Atommülltransport so zusammenzukoppeln, wie das die Sicherheitsbestimmungen vorsehen.
Es gab keine großen Blockaden. Nur für einen ganz kurzen Moment gelang es zwei Atomkraftgegnerinnen in der ganzen Aufregung, sich auf die Gleise zu setzen, an dem der Castor mit der frisch lackierten knallroten Lokomotive heranfuhr. Und das trotz dreier Polizeihubschrauber, die das Gelände überwachten. Nach wenigen Sekunden war diese Aktion allerdings auch schon wieder beendet.
Die Bewohner von Gundremmingen und Offingen reagierten abweisend auf die zahlreichen Journalisten, die sie unentwegt nach ihrer Meinung fragten. „Wir sagen nix!“ war der meistgesagte Satz an diesem Nachmittag. Hier hat man sich weitgehend mit dem riesigen Atomkraftwerk arrangiert. Schließlich sichere das Arbeitsplätze, war zumindest einem Maler zu entlocken, der eine Hausfassade strich, als der Atomzug in den kleinen Bahnhof einfuhr.
Etwas entgeistert blickten die Gundremminger und Offinger Bürger, als sie die waghalsigen Fahrmanöver der Kamerateams beobachteten, die aus den offenen Türen die silberfarbigen Castoren filmten. Daß einige der Begleitwaggons, in denen sich Hunderte Polizisten stapelten, mit Graffiti besprüht waren, brachte sogar die Mahnwachemitglieder zum Schmunzeln, die im übrigen etwas frustriert waren, weil nun doch der Transport einen Tag vorverlegt worden war. Viele hatten sich für den Freitag frei genommen. Nun ist der Castor schon auf dem Weg ins baden-württembergische Walheim, wo er mit den anderen drei Castoren aus Neckarwestheim zusammengekoppelt werden soll.
Mahnwachesprecher Koni Link meinte etwas resigniert: „Diese silber schimmernden Großcastoren schauen so harmlos aus, und trotzdem ist das für mich ein Todeszug. Ein wenig schade, daß so wenige daran Anteil nehmen.“ Tatsächlich waren weit mehr Polizisten und Journalisten anwesend als Atomkraftgegner. „Aber das kennen wir aus neun Jahren Mahnwache“, meinte ein Castor-Gegnerin, die von Anfang an bei den allsonntäglichen Protesten mit von der Partie ist. Klaus Wittmann
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