Plakatkampf um die nächsten fünf Jahre

Morgen sind Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein: SPD setzt auf Schröders Einfluß, Grüne konzentrieren sich aufs Lokale. Bündnis Rechts kandidiert in Lübeck  ■ Von Simone Sigmund

Mit einer frech grinsenden Sau in Grasfarbe werben die Grünen im Kreis Pinneberg um Stimmen bei der Kommunalwahl am kommenden Sonntag. Die Sau springt über einer gaffenden Menschenmenge durch einen Feuerreifen; im Ohr des Glücksbringers ganz klein ist das Grünen-Logo, die Sonnenblume, zu sehen. Die Fläche im Hintergrund ist rot.

Etwa 300mal ist es im Kreisgebiet zu sehen. „Wir wollten raus aus der langweiligen, platten 08/15-Plakatierung, uns selbst auf die Schippe nehmen“, sagt Kreisgeschäftsführer Thorsten Berndt. Und das Plakat kommt an: Überwiegend positive Reaktionen habe es gegeben, berichtet Berndt. Auch Kindern gefällt es. Allerdings merkten sie bisher an, daß Schweine nicht grün sind und nicht springen können. Andere Kreisverbände der Grünen haben das Angebot der Pinneberger, ebenfalls das Schwein zu plakatieren, jedoch nicht angenommen. Sie setzen auf die normalen Werbetafeln.

Der Kreis Pinneberg gilt bei den Grünen nach der Stadt Kiel als eine Hochburg der Alternativen. Bei der Kommunalwahl vor vier Jahren erreichte die Öko-Partei dort 12,8 Prozent, in Kiel waren es 15,2 Prozent. Hoch im Kurs stehen bei den Grünen derzeit kommunalpolitische Probleme. Denn bundes- und auch landespolitisch kommt für sie derzeit der Wind von vorn. Parteisprecherin Birgit Müller berichtet, daß an jedem Wahlstand die Forderung nach einem Benzinpreis von fünf Mark Diskussionsthema ist. Zum anderen nervt immer mehr Grüne der Dauerkrach um die A 20. Die Kritik an Umweltminister Rainder Steenblock wird lauter: Er nehme den Mund zu voll, und hinterher setze er kaum etwas durch. Zu der Basis pflege der grüne Minister kaum noch Kontakt.

Die SPD setzt derweil voll auf den bundespolitischen Aspekt. „Schröder“heißt das Zauberwort für die Sozialdemokraten im Norden. „Nach dem Wahlsieg in Niedersachsen und der Nominierung von Gerhard Schröder zum Kanzlerkandidaten ist die SPD bis in die Haarspitzen motiviert“, so Landesgeschäftsführer Christian Kröning. Da paßt es natürlich gut, daß sich die SPD beim Streit um die A 20 diese Woche erneut gegen die Grünen durchsetzte. Und so kurz vor der Wahl kam es vor allem Ministerpräsidentin Heide Simonis darauf an, Distanz zum Koalitionspartner zu wahren. Während sie bisher immer die gute Zusammenarbeit zwischen Roten und Grünen lobte, machte sie nach dem Wahlsieg der SPD in Niedersachsen keinen Hehl mehr aus ihrer Abneigung gegen die Öko-Partei.

Die CDU setzt ihrerseits auf Stimmungsmache gegen die Koalition: Landesparteichef Peter Kurt Würzbach schimpft mit Vorliebe auf ein rot-grünes Chaos, eine Verhinderungspolitik, eine Bevormundung der Gemeinden durch Kiel. Dafür holte er sich in den letzten Tagen vor der Wahl Unterstützung aus Bonn. Mit Verkehrsminister Matthias Wissmann wetterte er gegen die Verkehrspolitik und mit Innenminister Manfred Kanther gegen die „katastrophale Sicherheitspolitik“des Landes. Ansonsten aber kocht der CDU-Chef Bonner Politik lieber auf kleiner Flamme. Nicht verwirren will er die Schleswig-Holsteiner. Schließlich fehle es den Christdemokraten in Bonn an der Kantigkeit, Klarheit und Eckigkeit, die die Nord-CDU seit seiner Amtsübernahme vor einem Jahr besitze.

Ganz unberührt von bundespolitischer Stimmung dagegen bestreitet der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) seinen Wahlkampf. „Uns geht es um Politik von Nachbarn für Nachbarn“, faßt die Vorsitzende Gerda Eichhorn die Strategie zusammen. Gespräche auf der Straße und am Wahlstand stehen im Vordergrund. Dabei verläßt die Partei der dänischen Minderheit zum ersten Mal ihr traditionelles Gebiet jenseits des Nord-Ostsee-Kanals und kandidiert auch südlich im Kreis Rendsburg-Eckernförde.

Anders als bei Landtagswahlen gilt für den SSW bei den Gemeinde- und Kreiswahlen die Fünf-Prozent-Hürde. Bei der Wahl 1994 hatte die SPD mit landesweit 39,5 Prozent am besten abgeschnitten. Es folgten CDU (37,5 Prozent), Grüne (10,3 Prozent), die Liberalen mit 4,4 Prozent und der SSW mit 2,6 Prozent.

Rechtsextremisten hatten vor vier Jahren keine Chance, in die Kommunalparlamente einzuziehen. Am Sonntag blickt deshalb alles mit Spannung auf Lübeck. Dort kandidiert als einzige rechte Gruppierung im Land das „Bündnis Rechts für Lübeck“als Sammelbecken aller rechtsextremistischen Strömungen. In vielen Städten und Dörfern haben die Bürger aber nicht nur die Wahl zwischen den etablierten Parteien. Traditionell sind in Schleswig-Holstein Wählergemeinschaften stark vertreten: 1.270 gibt es – und damit rein rechnerisch in jeder Kommune mehr als eine.