Die Zeit läuft gegen Huckelriede

■ Bildungsbehörde bereitet die Schließung des Schulzentrums vor / Offiziell ist aber noch nichts entschieden / 200 Schüler besichtigten schon mal mögliche neue Räume an der Delmestraße

„Alles Kacke hier.“Drastisch faßt ein 17jähriger seine Erkenntnisse aus einer ungewöhnlichen Schulbesichtigung zusammen: 200 Schüler des Schulzentrums Huckelriede drängten sich gestern morgen durch die Schule an der Delmestraße. Denn dort in der Neustadt, so befürchten sie, müßten die Jüngeren unter ihnen ihre Gymnasial-Laufbahn fortsetzen, wenn die Bildungsbehörde Huckelriede dichtmacht. Ein Mädchen nimmt es mit Humor: „Oh, ein Sofa, wie geil“, ruft sie fröhlich und läßt sich in einem leerstehenden Klassenraum auf das Möbel fallen.

Dem Huckelrieder Schülersprecher Ansgar Wagner ist dagegen gar nicht lustig zumute: „Es sieht schlecht aus für unsere Schule“. In der Tat mehren sich die Anzeichen, daß trotz der Proteste die Tage für das Schulzentrum mit seiner gymnasialen Oberstufe und einer Berufsschule für Bank- und Versicherungskaufleute gezählt sind.

Offiziell hat die Behörde noch nicht entschieden, welche Schule das Opfer wird im Verkaufsmonopoly. Man wartet nach wie vor auf eine Entscheidung von Daimler Benz. Der Autogigant verhandelt über den Ankauf des Geländes neben dem Bremer Mercedes-Werk in Sebaldsbrück, auf dem das Schulzentrum im Holter Feld steht. Wenn das Holter Feld an Mercedes geht und damit ein Teil der Überkapazitäten in Bremens Berufs- und allgemeinbildenden Schulen abgebaut würden, könnte Huckelriede erhalten bleiben, so die Argumentation der Bildungsbeamten.

Schüler und Lehrer sehen jedoch keinen sachlichen Zusammenhang zwischen dem Holter Feld und Huckelriede. Dagegen sprächen aus der Sicht der Behörde viele Argumente für ein Aus von Huckelriede – unabhängig von der Mercedes-Entscheidung. Für die kaufmännischen Berufsschüler ließen sich leicht andere Räume finden, selbst wenn die technischen Azubis aus dem Holter Feld ebenfalls weichen müßten. Die Bildungsplaner gehen ohnehin davon aus, daß Bremen zwei Berufsschulstandorte zuviel hat. Und für die gymnasialen Oberstufen gibt es in den Schulen auf der linken Weserseite (Huchting, Obervieland, Delmestraße und Huckelriede) in der Summe zu viele Räume. An der Delmestraße bekundet man zwar Solidarität, wäre aber über mehr Schüler gar nicht unglücklich. Dann kämen mehr intessante Leistungskurse zustande. „Es läßt sich nicht wegreden, daß hier Kapazitäten frei sind“, sagt der Neustädter Gym-Stufenleiter Wolfgang Kuhlmann. Früher besuchten einmal 1.500 Jugendliche das Schulzentrum, heute sind es nur noch 1.100.

Die Huckelrieder sind alarmiert darüber, daß sie nicht mehr in die Überlegungen einbezogen werden, wie denn die freien Raumkapazitäten in ihrer Schulregion abgebaut werden könnten. Zu einer Dienstbesprechung vor einigen Tagen waren nur noch die Schulleiter aus Huchting, Obervieland und der Delmestraße eingeladen. Dabei ging es um die Frage, ob und wie die Huckelrieder Gymnasiasten in den anderen Schulen Platz finden. Denn nur Huckelriede ist voll belegt.

Die Beamten von Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) haben dem Vernehmen nach auch schon Szenarien entwickelt, wie Huckelriede geschlossen werden könnte: 1999 wird kein elfter Jahrgang mehr aufgenommen. Wenn dann ein weiterer Jahrgang nach dem Abitur die Schule verläßt, müßten im Jahr 2000 nur noch die 100 Schüler eines Jahrgangs verteilt werden. Joachim Fahrun