Junge zeigen mehr Bewußtsein

Ökologisches Bauen etabliert sich weiterhin nur langsam. Viele Bauherren haben nur die kurzfristige Rendite im Auge. Doch der Nachwuchs unter den Investoren und Architekten läßt hoffen  ■ Von Volker Wartmann

„In den letzten Jahren können wir ein steigendes Interesse an unseren Fortbildungsveranstaltungen zum Thema ökologisches Bauen feststellen“, so Andreas Rocholl, Referent für Öffentlichkeitsarbeit bei der Architektenkammer Berlin. „Bei einer beachtlichen Anzahl insbesondere jüngerer Architekten nimmt das ökologische Bewußtsein zu.“ Das kommt nicht von ungefähr: „Vor allem bei jungen Bauherren spielt das Thema Ökologie zunehmend eine Rolle“, sagt Jan Jacob von der Architektengemeinschaft A 3 in Prenzlauer Berg. Viele Bauherren haben aber auch weiterhin nur kurzfristige Renditeaspekte im Auge.

Dabei gibt es im Bausektor vielerlei Möglichkeiten, in punkto Ökologie neue Maßstäbe zu setzen: Die umweltfreundlichen Baustoffe werden kontinuierlich weiterentwickelt, jedes Jahr gibt es technische Neuerungen. „Ziel muß sein, zu vertretbaren Preisen ökologisch nachhaltig zu bauen“, sagt Peter Foerster-Baldenius, Leiter des Referats Ökologischer Städtebau bei der Berliner Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr. „Dazu ist vor allem eine intelligente Planung notwendig.“ Wo durch umweltfreundliches Bauen Geld gespart werden könne, werde es schon umfassend praktiziert und entsprechende Technik eingesetzt. „Weil die Wasserpreise ständig ansteigen, ist beispielsweise Wasserspartechnik inzwischen Regelstandard“, erläutert Foerster-Baldenius. „Auch die Regenwasser und Grauwassernutzung nimmt kontinuierlich zu.“

Ökologischer Hausbau bezieht sich letztendlich hauptsächlich auf zwei Bereiche: Zum einen sollte man einen möglichst geringen Energieverbrauch beim Betrieb des Gebäudes im Auge haben. Zum anderen geht es darum, Baustoffe zu verwenden, die durch eine gute Ökobilanz überzeugen. „Normalerweise ist es mit viel Arbeit und zeitlichem Aufwand verbunden, Bauherren von ökologischen Baukonzepten zu überzeugen“, so A 3-Architekt Jan Jacob. Maßnahmen wie passive Solarenergienutzung sei zwar inzwischen Usus, aber „die Überzeugungskraft der Architekten stößt in der Regel schnell an ihre Grenzen, wenn es ums Geld geht. Ohne die Veränderung der politischen Rahmenbedingungen wird sich ökologisches Bauen in nächster Zukunft nur sehr langsam weiter etablieren.“ Architektenbüros, die sich ausschließlich umweltbewußtem, ökologischem Bauen verschrieben haben, tun sich nach seiner Kenntnis allerdings schwer, auf dem hartumkämpften Markt zu überleben.

Eine zunehmend größere Rolle spielt seit einigen Jahren das Baustoffrecycling. „Die Schuttentsorgung ist in letzter Zeit sehr teuer geworden“, sagt Jan Jacob. Darum würden insbesondere bei Altbausanierungen mehr Baustoffe als früher wiederverwendet. „Es rechnet sich, den Putz von den alten Steinen abzuklopfen und diese wiederzuverwenden. Das ist nicht nur unter ökologischen Gesichtspunkten sinnvoller, sondern oftmals auch kostengünstiger als neue Steine zu kaufen und die alten zu entsorgen.“

Wie neue Baustoffe aus recycelten Rohstoffen beschaffen sein können, konnten die Besucher der Bautec '98 an vielen Ständen begutachten. Ein Beispiel zeigte ein Dachpfannenhersteller aus Oberursel mit seiner neuen „Frankfurter Recycling-Pfanne“. Der normalerweise übliche Sandanteil von 70 Prozent ist bei dieser Dachpfanne durch wiederaufbereiteten zermahlten Dachsteinbruch ersetzt. Bei der Eindeckung des Daches eines Einfamilienhauses können mit dieser Pfanne mehr als fünf Tonnen Sand gespart und die gleiche Menge an Bauschutt vermieden werden.

Die Dämmstatt GmbH aus Berlin, eine Tochterfirma der Stattbauhof gGmbH, stellt seit einigen Jahren Zellulosedämmstoffe aus alten Tageszeitungen her. Wer möchte, kann sich von der Firma eine Mülltonne zum Sammeln alter Tageszeitungen in den Hof stellen lassen. Der Verbraucher kann so seine Tageszeitungen kostenlos entsorgen lassen und die Dämmstoff GmbH kommt auf diese Weise kostengünstig an den Grundstoff für ihr Dämmaterial. „Rund 500 Tonnen alte Tageszeitungen sammeln wir jährlich selbst ein, 500 Tonnen kaufen wir zu“, erläutert Detlef Thömen, technischer Berater bei der Dämmstatt GmbH. Die Tageszeitungen werden kleingehäckselt, um danach in Hohlräume, beispielsweise zwischen zwei Wandplatten, eingeblasen zu werden. „Zellulose ist ideal für die Innendämmung bei Altbausanierungen“, so Thömen. „Sie hat ähnlich gute Wärmedämmeigenschaften wie Mineralwolle und nur eine wenig geringere Schallschutzleistung.“