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Mit echt kölnisch Wasser

■ Alles wird regional, jetzt auch das Prinzip Lindenstraße ("Anrheiner", 19.20 Uhr, WDR)

Fernsehen wird in Köln ja viel gemacht, auch Serien. Aber irgendwie ist den Bewohnern der Rheinmetropole dabei bislang nie so „rischtisch dat Hez opjegange“, weil die escht kölsche Lebensart da doch immer zu kurz kommt. Die „Lindenstraße“ spielt sowieso in München, bei der „Verbotenen Liebe“ wird nur alle paar Minuten die Postkarte mit Domblick eingeschnitten, und beim „Fahnder“ wird der Drehort glatt verleugnet. Daß inzwischen auch die in München produzierte Soap „Marienhof“ in Köln spielen soll, ist da kein Trost. Weil, da kommen auch immer nur diese Postkarten.

Jetzt hat der Kölner endlich was Eigenes: „Die Anrheiner“. Eine WDR-Serie, mit einem Titel von echt öffentlich-rechtlicher Witzigkeit, die ziemlich genau da spielt, wo sie gedreht wird. Im rechtsrheinischen Stadtteil Mülheim, unmittelbar am Rheinufer, wurde für 3,5 Millionen Mark eine Filmkulisse mit zwölf massiven Gebäuden aus dem Boden gestampft. Zwischen Kneipe, Sonnenstudio („Playa Helga“), Fahrradladen, Zeitungsredaktion, Büdchen und Speditionsfirma (drei Chefs, zwei Angestellte!) spielen die 30minütigen Episoden, mit denen der WDR fortan jeden Samstag die fußballresistenten Zuschauer ins Dritte locken möchte.

In dem Bonsai-Veedel rund um den „Römerplatz“ geht's im Prinzip ähnlich zu wie in anderen Serien auch. Nur eben ein Atömchen eschter (was die Kulisse angeht) und vor allem kölscher, was Figuren und Sprache betrifft.

Aber obwohl der Rhein hier die heimliche Hauptrolle spielt, soll diese „Weekly“ natürlich in ganz NRW der Bringer werden. Drum sind da als Darsteller neben rheinischen Lokalgrößen wie Hildegard Krekel, Ernst H. Hilbich, Samy Orfgen und Ex-Black-Föös-Sänger Tommy Engel auch ein paar „Immis“ mit von der Partie.

„Zwischen 6 und 15 Prozent Marktanteil“ traut Nikolaus Brender, Chef des WDR-TV, der Serie zu. Sie soll, wie die „Lindenstraße“, zu einem Dauerläufer werden. Für diese kühne Erwartung spricht, daß Regionalismus bei allen Dritten im Trend liegt und auch dem WDR in den letzten Jahren den dringend nötigen Quotenzuwachs bescherte. Und schließlich liefern die SWF-„Fallers“ seit nunmehr sechs Jahren den Beweis, daß so was funktionieren kann. Aber mit dem Schwarzwald natürlich nicht an Rhein und Ruhr.

Ob die Histörchen der „Anrheiner“ nun auch die Menschen in Oberhausen und Paderborn zu entzücken vermögen, bleibt abzuwarten. Zumindest erwies sich Vater Rhein bis jetzt als überaus kooperativ. Entgegen der Gewohnheit blieb er in diesem Winter brav in seinem Bett. Denn zumindest in diesem Punkt ist die Serie authentisch: Bei Hochwassser saufen „Die Anrheiner“ gnadenlos ab. Was dem Betreiber des türkischen Ex- und Import-Geschäftes am „Römerplatz“ allerdings ziemlich schnuppe sein dürfte. Denn den Laden gibt's nur als Fassade. Einen Inhaber sucht man im Figurenensemble der „Anrheiner“ vergebens. Reinhard Lüke

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