Unter US-Schutz wird Uganda zur Regionalmacht

■ Clintons wichtigster Partner in Afrika hat zunehmend grenzüberschreitende Ambitionen

Kampala (taz) – Uganda, wo Clinton Anfang nächster Woche einen Gipfel mit afrikanischen Staatschefs veranstaltet, ist wichtigstes Ziel der Afrikareise des US- Präsidenten. Mit Ugandas Präsident Yoweri Museveni wird dabei ein Mann mit Visionen geadelt.

Für Museveni hat Afrika nur dann eine Chance, sich zu behaupten, wenn es die Kleinstaaterei überwindet. Museveni denkt nicht an eine neue Grenzziehung – sondern, wie er der US-Zeitschrift Time sagte: „Wir werden unsere Grenzen nicht ändern; wir werden sie transzendieren.“ Dies ist kompatibel mit den US-Interessen.

So verhandelt Uganda mit den ostafrikanischen Nachbarn Kenia und Tansania über die ökonomische und politische Integration. Im Mittelpunkt steht der Freihandel auf einem gemeinsamen Markt – in Musevenis Worten ein Schritt zur Überwindung der „ökonomischen Balkanisierung“ des Kontinents und der Rücknahme der kolonialen „Desintegration der erwachenden Nationen Afrikas“. Ruanda hat beantragt, in diesen Prozeß aufgenommen zu werden. Richtung Ruanda und Kongo verläuft der Integrationsprozeß weniger formell, die Ergebnisse sind allerdings um so beachtlicher. Die Tutsi-Elite, die seit der Überwindung der Völkermord-Clique in Ruanda 1994 regiert, ist weitgehend in Uganda aufgewachsen und hat dort mit Museveni in dessen Zeiten als Guerillaführer in den frühen 80er Jahren gekämpft. Sie bildete auch den harten Kern derer, die 1996–97 Mobutu Sese Seko aus Zaire vertrieben und Laurent Kabila zur Macht verhalfen.

Kaum war im Mai 1997 der letzte Schuß in Kinshasa gefallen, wurden Museveni und sein Bruder Salim Saleh – Generalmajor und Geschäftsmann zugleich – in der neuen „Demokratischen Republik Kongo“ wirtschaftlich aktiv. Salim Saleh eröffnete ein Büro im ostkongolesischen Kisangani; die ugandische Industrie- und Handelskammer zeigte in Kinshasa eine Handelsmesse. Im Juli unterzeichneten Museveni und Kabila einen Vertrag, der das alte Projekt einer „Transafrika-Straße“ wieder aufnahm. Uganda hat die deutsche Firma Strabag dafür gewonnen, die Straße aus Kenia nach Uganda bis ins westugandische Kasese asphaltieren zu lassen. Sie soll dann nach Kongo bis nach Kisangani verlängert werden, von wo aus Schiffsverkehr Richtung Atlantischer Ozean möglich ist.

Seit dem Spätherbst kommt es zu immer mehr gemeinsamen Militäroperationen gegen kongolesische und ugandische Rebellengruppen im Grenzgebiet. Mitte November tourte eine ugandische Militärdelegation unter Oberstleutnant Charles Angina, Koordinator der Armee in den westugandischen Grenzdistrikten, durch den benachbarten kongolesischen Grenzdistrikt Beni. Auf öffentlichen Veranstaltungen forderten die ugandischen Offiziere die Bevölkerung auf, die ugandische Armee zu unterstützen, wenn diese im Kampf gegen Guerillagruppen die Grenze überschreite.

Im Kongo die Bedeutung von Befreiung zeigen

Eine Delegation aus Kongo machte wenige Tage später den Gegenbesuch in der westugandischen Distrikthauptstadt Fort Portal. Vertreter aus Politik und Militär luden ugandische politische Führer ein, Ugandas Armee in ihrer Aufgabe zu folgen, den Menschen im Kongo die Bedeutung von Befreiung zu zeigen. Ugandische Trainer würden paramilitärische Lehrgänge („Mchaka- mchaka“) im Kongo abhalten. Der Verwalter des Beni-Distrikts im Kongo, Bana Sikulu Basakama Kishi, erklärte zudem, man wolle die Uhr auf die vorkoloniale Zeit zurückstellen: Mit ordentlichen Papieren könnten alle Bürger Ugandas problemlos im Kongo Land erwerben und Geschäfte betreiben. Besser noch: Sie sollten dort gleich heiraten und ein zweites Heim errichten.

Auch wirtschaftlich trägt die „Transzendierung“ Früchte. Im Grenzhandel werden ugandische Lebensmittel gegen kongolesische Textilien getauscht. In Fort Portal bringen sich internationale Konzerne in Stellung: Mitsubishi zum Beispiel machte klar, es wolle vor Toyota dasein, und ging eine Kooperation mit einer kirchlichen Schulwerkstatt ein. Ugandische Kader importieren Pkws aus dem Kongo; sie können zudem im Kongo mit ugandischem Geld bezahlen und den heimischen Radiosender „Voice of Toro“ hören.

Aber die größten Gewinnspannen sind mit Edelsteinen und Gold zu erwarten. Der amtierende Distriktkommissar in Fort Portal, Ndiwa Chameswuet, ist ein alter Freund Kabilas. Er mietete für ihn 1971 ein kleines Restaurant in Ugandas Hauptstadt Kampala an, über das mit Gold und Diamanten „gehandelt“ wurde. Und der Herausgeber der unabhängigen Zeitung The Monitor, Charles Onyango-Obbo, und einer seiner Redakteure stehen derzeit in Kampala vor Gericht, weil sie behaupten, Kabila habe Musevenis Hilfe im Krieg mit großzügigen Goldlieferungen vergolten.

Erhard Brunn, Samuel Gummah