Per Straßenbahn nach Delmenhorst

■ In fünf bis zehn Jahren rollen Bremer Trams auf Bahngleisen ins Umland, sagt BSAG-Vorstand Georg Drechsler voraus

Verkehrssenator Bernt Schulte (CDU) nannte die Idee „genial“: Straßenbahnen nutzen Gleise der Deutschen Bahn, um bis ins Umland zu fahren. Georg Drechsler hat ein solches Konzept für den Schienen-Nahverkehr in Karlsruhe umgesetzt. Seit gut einem Jahr tüftelt der 49jährige als technischer Vorstand der Bremer Straßenbahn AG an ähnlichen Plänen für Bremen. Jetzt sind die ersten politischen Weichen gestellt worden.

taz: Die Baudeputation hat am vergangenen Donnerstag 200.000 Mark Planungsmittel für die BSAG bewilligt. Wofür wird dieses Geld konkret ausgegeben?

Georg Drechsler, technischer Vorstand der BSAG: Wir wollen das Geld für eine Machbarkeitsstudie nehmen. Die soll folgendes untersuchen: Macht es Sinn – baulich, betrieblich, von den Fahrgastpotentialen, also den Verkehrsströmen, und von der Wirtschaftlichkeit her – eine direkte Linie zwischen Bremen und dem Umland einzurichten, die mit Straßenbahnfahrzeugen befahren wird. Die soll in Bremen das vorhandene Straßenbahnnetz benutzen und in der Region das vorhandene Eisenbahnnetz. Um die zu verknüpfen, müßten nur kurze Verbindungsgleise gebaut werden.

Die Rede war von einer Verbindung nach Delmenhorst und Nordenham. Wo in Bremen soll der Übergang stattfinden?

Am Bahnhof Neustadt. Hier müßte eine Rampe von der Eisenbahn in die Stadt gebaut werden. Dann müßten noch 500 Meter Straßenbahngleise durch die Große Sortilienstraße verlegt werden bis zum Grünenkamp. Dort könnte der Anschluß ans bestehende Straßenbahnnetz erfolgen.

Wird die BSAG diese Studie selber machen?

Die Studie wird von einem Ingenieurbüro bearbeitet im Auftrag des Bausenators, aber unter Federführung der BSAG gemeinsam mit der Deutschen Bahn. Die muß bei all diesen Planungen mit ins Boot. Schließlich müssen auch die Bundesländer Niedersachsen und Bremen zustimmen, die für den Nahverkehr auf Eisenbahnstrecken zuständig sind.

Wie teuer würde denn die Verknüpfung der beiden Gleisnetze in der Neustadt werden?

Konkrete Zahlen möchte ich noch nicht nennen. Aber das Interessante daran ist ja gerade, daß das alles mit relativ geringem Aufwand zu machen ist, weil weitgehend auf die vorhandene Infrastruktur zurückgegriffen wird.

Sind denn weitere Verbindungen zwischen Bremen und dem Umland vorstellbar?

Es ist denkbar in Richtung Osten, also östlich des Bremer Hauptbahnhofs, eine Verknüpfung zwischen Straßenbahn und Bahn zu schaffen, um dann in Richtung Sebaldsbrück, Osterholzer Feldmark – Sichwort zukünftige Bebauung – und vielleicht mal Richtung Rothenburg die Verkehrsachsen mit Bremen zu verbinden.

Können Sie das mit den bisherigen Wagen machen, oder müssen Sie neue Fahrzeuge anschaffen?

Die Spurweite ist dieselbe, sonst ginge das gar nicht. Die heutigen Straßenbahnwagen, auch die Niederflurwagen, sind ausgelegt auf das heutige Straßenbahnnetz. Aber wir werden in einigen Jahren die alten Wagen ersetzen durch neue Fahrzeuge. Die können wir so konzipieren, daß sie auch auf Eisenbahnstrecken fahren können. Es sollen leichte, energiesparende Stadtbahnfahrzeuge im Ein-Mann-Betrieb eingesetzt werden. Das ist heutzutage technisch alles möglich. Vor zehn, 15 Jahren war das alles noch eine Utopie.

Wagen Sie eine Prognose: Wann rollen die ersten Straßenbahnen nach Delmenhorst?

In fünf bis zehn Jahren.

Fragen: Joachim Fahrun