Der AStA geht in die Offensive

■ Nach dem Verbot allgemeinpolitischer Äußerungen startet die Studi-Vertretung jetzt eine Anzeigenkampagne

Die AStA-Etage in der Uni wirkt wie ausgestorben. Die Tür zum Vorstandsbüro ist zu, außer dem Zivi und ein paar irritierten Ratuchenden, die heute mal umsonst gekommen sind, ist niemand zu sehen. Denn heute rollen überraschend (weil eine Woche verfrüht) die Castoren mit abgebrannten Kernelementen von Neckarwestheim und Grundrem-mingen nach Ahaus – und alle sind in die Camps gefahren, um dagegen zu demonstrieren.

Eine offizielle AStA-Delegation gibt es allerdings nicht. Und auch der AStA-Bus mußte zu Hause bleiben – sonst hätte der Allgemeine Studentische Ausschuß, so die Langfassung, wohl bald wieder eine Klage am Hals: Laut Bremer Hochschulgesetz (BreHG) hat der AStA kein „allgemeinpolitisches Mandat“. Sprich: er darf sich nur um seine Hochschule kümmern. In der Vergangenheit hat das die traditionell linken Studis nicht davon abgehalten, sich zu Themen wie Arbeitsmarkt-, Energie- oder Ausländerpolitik zu äußern. Immerhin werden sie durch das relativ liberale BreHG sogar aufgefordert, die politischen Bildung der Studierenden zu fördern – und zwar „im Bewußtsein der Verantwortung vor der Gesellschaft“.

Doch Anfang Dezember war der Bremer AStA in die Defensive gedrängt worden: Das Oberverwaltungsgericht Bremen hatte entschieden, daß allgemeinpolitische Äußerungen in Zukunft mit bis zu 500.000 Mark Ordnungsgeld bestraft werden können – es gebe kein allgemeinpolitisches Mandat.

Uwe Schubert ist einer der wenigen, die sich noch in den AStA-Räumen herumtreiben. Später will auch er sich auf den Weg nach Ahaus machen. Als Privatperson versteht sich. Schuberts aktive AStA-Zeit ist eigentlich vorbei. Aber als der „Maulkorb-Erlaß“kam, hat er beschlossen, sich noch einmal einzumischen. Mit ein paar anderen „Alten“gründete er das Kommittee für unzensierte Politik. „Ein linker, aktiver AStA ist wichtig für das politische Klima der Stadt.“

„Das Urteil wirkt“, so Schuberts Einschätzung. „Wer das nicht zugibt, macht sich etwas vor.“Bei jeder Veröffentlichung, so der arbeitslose Mathematiker und Historiker, frage man sich, ob man Ärger bekommen könne. Beispiel öffentliche Gelöbnisse in Bremen: Nicht, daß der AStA dazu nichts zu sagen hätte – „aber er verfaßt nicht mehr ohne weiteres Flugblätter“. Die konservativen Studierendenkreise, die die Klage eingeleitet haben, reiben sich die Hände.

Doch jetzt gehen AStA-nahe Kreise in die Offensive. In einer Anzeigenkampagne, gesponsort von rund 1.000 UnterzeichnerInnen einer Resolution für das politische Mandat des AStA, haben sie zur Beteiligung an den Castor-Protesten aufgerufen. Auch zur Inneren Sicherheit, Verkehrs- und Ausländerpolitik sowie zur Arbeitslosigkeit nimmt man kein Blatt mehr vor den Mund. Nun ist es an der Staatsanwaltschaft, den Fehdehandschuh aufzunehmen.

„Seit dem Maulkorb ist das das erste Mal, daß positiv-aggressiv mit der Sache umgegangen wird“, findet Uwe Schubert.

Christoph Dowe