Die goldenen Tage sind lange gezählt

■ Die Opec hat Entwicklung der Rohölmärkte falsch eingeschätzt

Berlin (taz) – Die Opec hatte hoch gepokert, als sie Ende November beschloß, ihre tägliche Rohölproduktion um acht Prozent oder zwei Millionen Barrel hochzuschrauben. Wenigstens einen Grund zum Optimismus schien es zu geben: Die weltweite Erdölnachfrage hatte 1997 mit 73,7 Millionen Barrel pro Tag einen neuen Rekord erreicht. Jetzt, vier Monate später, ist der Ölpreis im Keller.

Schuld ist unter anderem El Niño: Das Wetterphänomen bescherte der Nordhalbkugel einen zu warmen Winter, der die Ölnachfrage in den Industriestaaten abschwächte. Auch die Asienkrise, die im November bereits voll im Gange war, hat ihre Spuren hinterlassen. Um eine halbe Million Barrel pro Tag ist der Verbrauch der Tigerstaaten geschrumpft, deren Devisenbestände durch die Währungskrise dezimiert sind. Frühere Prognosen hatten aber die stärksten Zuwachsraten für den Ölabsatz in Asien gesehen.

Andererseits landete viel mehr Öl auf dem Weltmarkt, als die Opec veranschlagt hatte. Im Zuge des Öl-für-Lebensmittel-Programms durfte der Irak bis März Rohöl im Wert von einer Milliarde Dollar auf den Markt pumpen. Und die Fördermenge der Nicht- Opec-Staaten stieg 1997 entgegen den Erwartungen um eine Million auf 44 Millionen Barrel täglich. Dabei handelte es sich um neues Nordsee-Öl.

Gerade letzteres verdeutlicht, daß von der Marktmacht der Opec nicht viel übriggeblieben ist. Zwar verfügen die elf Opec-Staaten über drei Viertel der nachgewiesenen weltweiten Ölreserven. Ihr Marktanteil ist aber auf 40 Prozent geschrumpft. Das war früher ganz anders gewesen: Bis Ende der 70er Jahre hatte die 1960 gegründete Opec das bisher einzige Rohstoffkartell von Ländern der Dritten Welt gehabt. Mit ihrer Förderpolitik war sie 1973 und 1978/79 in der Lage gewesen, weltweite Ölkrisen auszulösen. In der Ölkrise vervierfachte sich der Preis auf über 35 Dollar pro Barrel.

Doch obwohl diese goldenen Tage vorbei sind, hängen vor allem die Golfstaaten der Opec nach wie vor am Tropf der Petro-Dollars. Drei Viertel der Staatseinnahmen Saudi-Arabiens kommen aus der Ölproduktion, in Bahrain, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten sind es rund zwei Drittel. Ihre hohen Rüstungsausgaben und Subventionen können die Golfstaaten aber nur bei einem Barrelpreis von rund 20 Dollar halten. Niels Boeing