Dicke Luft bei den Grünen

■ Wahl verloren, dumme Sprüche gerügt

Bonn/Berlin (taz) – Nach der Schlappe bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein, wo die Grünen etwa ein Drittel ihrer Stimmen verloren haben, wird die Partei immer nervöser. Das Ergebnis aus dem Norden wurde noch relativ nüchtern als Warnsignal für den Bund interpretiert. Richtig aufgebracht hingegen zeigte sich am Montag in Bonn die Partei- und Fraktionsspitze über Äußerungen aus den eigenen Reihen. „Ich habe ja gesagt, es besteht die Gefahr, daß wir es uns selbst schwermachen“, sagte Fraktionschef Joschka Fischer. Er kündigte intern eine härtere Gangart an: „Wir haben noch Zeit genug, sinnvolle Konsequenzen daraus zu ziehen.“

Schwer im Magen lag Fischer wie der gesamten Grünen-Spitze die am Wochenende losgetretene Diskussion über Kerosinsteuern. Als „großen Schwachsinn“, mit dem man nur Bürger verschrecke und dem politischen Gegner Munition liefere, wertete Vorstandssprecher Jürgen Trittin die Äußerungen der Abgeordneten Halo Saibold, die gefordert hatte, nur noch alle fünf Jahre eine Urlaubsreise mit dem Flugzeug zu machen. Vorstandssprecherin Gunda Röstel bezeichnete diese Äußerung im taz-Interview als „unverantwortliche Einzelmeinung“. Die politische Geschäftsführerin Heide Rühle warnte davor, sich im Bundestagswahlkampf zu sehr auf „ökologische Nischen“ wie die Benzinbesteuerung abdrängen zu lassen. Damit seien keine Wahlerfolge möglich.

Partei- und Fraktionsspitze der Grünen verteidigen ihre politischen Positionen. Die seien „sehr gut“, so Joschka Fischer. Die Partei müsse aber ihre „Außendarstellung verbessern“. Gunda Röstel sagte gegenüber der taz, daß an dem langfristigen Konzept der Ökosteuer „keine Änderung“ vorgenommen werde. Es sei jedoch „allerhöchste Zeit, die Ärmel hochzukrempeln und Geschlossenheit zu zeigen“. Die Grünen dürften sich nicht in ein Stimmungstief hineinmanövrieren. Die Hamburger Wissenschaftssenatorin Krista Sager sprach als einzige an, woran bei den Grünen kaum einer zu denken wagt: „Es ist derzeit keine Selbstverständlichkeit, daß wir wieder in den Bundestag einziehen.“

SPD-Chef Lafontaine hat die Grünen dazu aufgefordert, ihre Forderung nach einer Erhöhung der Benzinpreise zu überdenken. Schleswig-Holstein hätte gezeigt, daß man den Wähler nicht überfordern dürfe, sagte er gestern. Es sei nun Sache der Grünen, daraus Konsequenzen zu ziehen. Jens König

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