■ Kosovo: Die Politik der Kontaktgruppe entscheidet über den Frieden: Keine falschen Kompromisse
Trotz der Fortschritte in der internationalen Zusammenarbeit seit dem Abkommen von Dayton kann die heutige Diplomatie nicht alle Ungerechtigkeiten der Vergangenheit ausbügeln. Und es hilft kein Lamentieren darüber, daß die Rechte der Albaner 1912, als der Kosovo in London zu Serbien geschlagen wurde, übergangen worden sind.
Wie das kurdische ist das albanische Siedlungsgebiet heute auf mehrere Staaten aufgeteilt. Das ist eine Tatsache. Gleichzeitig birgt der Wunsch nach Grenzveränderungen große Gefahren in sich. Das weiß natürlich auch die kosovo-albanische Führung sehr genau. Deshalb werden von ihr die Forderungen nach staatlicher Unabhängigkeit auch nicht allzu laut vorgetragen. Dennoch wäre eine gleichberechtigte Republik im Rahmen einer Konföderation Serbien, Montenegro, Kosovo unter Berücksichtigung auch der serbischen Interessen der wohl beste Kompromiß. Ohne die Garantie von Rechtssicherheit und Menschenrechten ist das Überleben der Kosovo-Albaner nicht mehr möglich.
Wenn die internationale Strategie lediglich darauf abzielen sollte, den Konflikt einzudämmen, schafft sie für einen Frieden in der Region keine dauerhafte Basis. Ein Krieg im Kosovo würde mit Sicherheit die Nachbarländer Albanien, Makedonien, Montenegro, vielleicht sogar Griechenland und die Türkei in das Geschehen verwickeln. Mit dem Waffenembargo – das sich nicht gegen den serbischen Machtapparat richtet, Serbien hat genug Waffen – und den Aufmarschplänen internationaler Truppen in Makedonien und Albanien sollen, so der Eindruck, lediglich die Kosovo-Albaner von einem Volksaufstand abgehalten werden.
Diese Art einseitiger Intervention stellt einen Freibrief für ein weiteres militärisches Vorgehen der serbischen Sicherheitskräfte gegen die albanische Bevölkerung dar. Würde diese Strategie tatsächlich durchgesetzt, beginge die internationale Gemeinschaft wie bereits zu Beginn des Bosnien-Krieges einen fatalen Fehler. Einen Fehler, den nicht die Diplomaten, wohl aber völlig unschuldige Menschen auszubaden hätten. Wer einen gerechten und dauerhaften Frieden will, muß die Interessen einer der Willkür ausgesetzten Bevölkerung an die erste Stelle setzen. Erich Rathfelder
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