Regierung will Bauern mit Aktionismus beruhigen

■ Morgen wird das Naturschutzgesetz verabschiedet – ohne Ausgleichszahlungen für Landwirte

Berlin (taz) – Die Bundesregierung will den deutschen Bauern Engagement für ihre Belange demonstrieren. Deshalb hat sie gestern einen Gesetzentwurf vorgelegt, der den Agrariern doch noch Ausgleichszahlungen aus den Länderkassen für Einschränkungen durch Naturschutzmaßnahmen bescheren soll. Ob ein solches Gesetz ohne Zustimmung des Bundesrates verfassungsmäßig wäre, ist überaus fragwürdig. Im Grunde handelt es sich nämlich um den nur etwas umformulierten Paragraphen 58 des ursprünglichen Entwurfs des Naturschutzgesetzes, den die Länder genau wegen dieser Vorschriften abgelehnt hatten.

Der Gesetzentwurf aus dem Umweltministerium soll die Bauern darüber hinwegtrösten, daß morgen das neue Naturschutzgesetz im Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP verabschiedet wird. Es sieht keine Ausgleichszahlungen für Landwirte vor, auch wenn sie zum Schutz des Grundwassers weniger Pestizide verwenden oder ihre Wiesen seltener mähen dürfen. Mit der Naturschutznovelle wird Deutschland endlich die Richtlinie Flora-Fauna-Habitat (FFH) der EU umsetzen. Ohne sie droht im Herbst eine EU-Strafe von täglich 1,5 Millionen Mark. Deshalb sehen sich die Abgeordneten der Regierungsparteien gezwungen, ihre Hände zu heben.

CDU/CSU- und FDP-Parlamentarier hatten mehrfach den Vermittlungsausschuß angerufen. Doch in diesem Fall hatten die Länder die besseren Karten. Beim zweiten Mal akzeptierten die Bundestagsvertreter der Koalition sogar zunächst den Kompromiß, der die Bauern leer ausgehen läßt. Im Bundestag lehnten die Regierungsfraktionen den Vorschlag dann wieder ab – schließlich stand damals die Niedersachsenwahl vor der Tür.

So wird das neue Naturschutzgesetz nun kommen und auch eine Gesetzeslücke stopfen, die die Importeure bedrohter Tier- und Pflanzenarten seit vergangenem Sommer straffrei läßt. aje