Aktionsplan für neue Arbeit

■ Job-Rotation, neue Arbeitszeiten, Zeitarbeit: Bündnis für Beschäftigung propagiert Wege in den ersten Arbeitsmarkt

Bei der Bremer Straßenbahn gehen zwei Mitarbeiter in den Vorruhestand, ein Arbeitsloser wird dafür eingestellt. Bei Airbus arbeiten die Flugzeugbauer nur noch 32 Stunden pro Woche, um Entlassungen zu vermeiden: Diese betrieblichen „Bündnisse für Arbeit“bekannter zu machen ist unter anderem das Ziel eines Aktionsplans, den eine Allianz aus Senat, Kammern, Unternehmensverbänden, Arbeitsämtern und Gewerkschaften am Mittwoch in Bremen vorgestellt hat.

Die Europäische Union hat das „Regionale Beschäftigungsbündnis Bremen und Bremerhaven“angestoßen und fördert den Plan als eines von neun solcher Vorhaben in Deutschland, indem sie das Bündnis-Sekretariat bezahlt. Ziel ist, aus zum Teil neuen, zum Teil schon laufenden Vorhaben neue Wege zu finden, Arbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen und diese Beispiele zu verbreiten. Zahlen, wieviele neue Jobs im Verlaufe der Aktion bis Ende 1999 geschaffen werden, wollte Arbeitssenator Uwe Beckmeyer (SPD) nicht nennen. Auch die Kosten ließen sich nicht seriös beziffern.

Ortwin Baum, Geschäftsführer der Unternehmensverbände im Lande Bremen, lobte die Initiative, weil sie eben nicht die „teure Scheinlösung“des zweiten Arbeitsmarktes im Auge habe. Die Bremer DGB-Vorsitzende Helga Ziegert sagte, trotz der wenig befriedigenden Ergebnisse früherer „Bündnisse“, seien die Sozialpartner doch zur Zusammenarbeit „verdammt“.

Neben der geplanten Werbung für die sinnvolle Verteilung von Arbeit in den Betrieben ist Qualifizierung das große Zauberwort: 100 arbeitslose Frauen sollen zu Call-Center-Telefonistinnen ausgebildet werden, allein 17 Millionen Mark stehen für Weiterbildung in der Informationstechnik, im Tourismus sowie im Pflege- und Gesundheitssektor bereit.

Die beiden Elemente Arbeitsverteilung und Qualifizierung ergeben zusammen „Job-Rotation“. Das Modell soll in Handwerksbetrieben erprobt werden Die Grundidee ist bestechend, weil am Ende alle Beteiligten profitieren: Gesellen, die gerade in Kleinbetrieben oft unabkömmlich sind, bilden sich weiter. Während ihrer Abwesenheit nehmen ABM-Kräfte ihren Platz ein, die auf diese Weise einen Fuß in die Praxis kriegen. Für die Firma, die anschließend einen mit neuen Techniken vertrauten Mitarbeiter zurückbekommt, ist dieser Stellvertreter kostenlos. In Bremen sollen 30 Arbeitslose in den Stellvertreter-Pool, die Gesamtkosten für die dreijährige Pilotphase (2,9 Millionen Mark) teilen sich Arbeitsamt, Land Bremen und der Europäische Sozialfonds ESF.

Ein Plus an Ausbildungsplätzen soll eine Initiative bringen, die sich an die rund 2.000 ausländischen Firmeninhaber in Bremen wendet. Weil die viel weniger ausbilden als ihre deutschen Kollegen, soll ihnen der Eintrag auf die Ausbilderrollen der Kammern erleichtert werden (vgl. taz vom 18.3.).

Die Bündnispartner wollen auch die sozialverträgliche Zeitarbeit propagieren. Eine nicht-gewerbliche GmbH soll rund 50 Arbeitslose anstellen und an Firmen vermitteln, die ja über ihre Unternehmensverbände selbst mit im Boot sind. Langfristig soll sich diese GmbH selbst tragen.

Auch die Vermittlung von zuvor arbeitslosen Frauen durch eine „Dienstleistungsagentur für hauswirtschaftliche Tätigkeiten“(beim Beschäftigungsträger „Quirl“angesiedelt), bei der 14 Frauen fest angestellt sind, soll durch den Draht zu Unternehmen einen neuen Schub erhalten.

Daß Arbeitsmarktpolitik auch groß denken muß, verdeutlichen zwei weitere Ideen, die aber nur mit Hilfe der Wirtschaftspolitik realisierbar sein werden. Ein Gründerzentrum „Handel- und Dienstleistung“müßte in der Innenstadt eingerichtet werden, um kreative Köpfe mit ihren Geschäftsideen nach Bremen zu locken. Und in einem nicht näher benannten „benachteiligten Stadtteil“soll ein neues Ausbildungszentrum für Telearbeit entstehen. Joachim Fahrun