Schmähling beeindruckt die junge Garde der PDS

■ PDS-Basis von Mitte und Prenzlauer Berg will trotz Betrugsvorwürfen für den Kandidaten der Parteiführung, Elmar Schmähling, stimmen. Gegenkandidatin Marion Seelig ohne echte Chance

Bis gestern morgen um drei nahm Elmar Schmähling die Basisgruppe „4. November“ in Beschlag. Die PDS-GenossInnen aus Prenzlauer Berg stritten und schwatzten mit dem Noch- Wunschkandidaten ihrer Parteiführung, ob und wie der zumindest aus Basissicht für den Einzug der PDS in den Bundestag wichtige Wahlkreis nach dem Vorbild von 1994 von den demokratischen Sozialisten zu gewinnen sei. Am Ende meinte Marco Hinze, ein Vertreter der, wie sie sich selbst bezeichnen, „jungen Garde“ bei der PDS: „Ich bin beeindruckt.“

Die Vorbehalte gegen Schmähling wurden ausgeräumt, die gegen seine Direktkandidatur zwar erneuert, aber bereits mit dem Einschub versehen: „Wenn Elmar Schmähling von einer Mehrheit der VertreterInnenversammlung zum Kandidaten gekürt wird, nehmen wir diese Herausforderung an und werden ihn mit Rat und Tat unterstützen.“ Die geplante Bitte um Rückzug blieb unausgesprochen. Und von den Vorwürfen, Schmähling sei in Betrugsfälle verwickelt, lassen sich weder Partei noch der Kandidat selbst beeindrucken. Von einem Rücktritt wegen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ist nicht die Rede.

Noch ist „4. November“ eine von drei Basisgruppen aus Mitte und Prenzlauer Berg, die am Sonnabend bei der Entscheidung um den Hoffnungsträger ihrer Partei nicht hinter Elmar Schmähling stehen, sondern Gegenkandidatin Marion Seelig den Rücken stärken wollen. Große Chancen werden der 45jährigen innenpolitischen Sprecherin der Fraktion im Abgeordnetenhaus, die als Kritikerin der Schönbohmschen Sicherheitspolitik in der Stadt von sich reden machte, zwar nicht eingeräumt. Ihr Antreten, so Hinze, sei jedoch ein Beweis für die Demokratiefähigkeit der PDS.

An deren Existenz seien besonders jüngeren GenossInnen nach den vielen Veranstaltungen der letzten Tage arge Zweifel aufgekommen. Die Mehrzahl der älteren Parteimitglieder habe sich seit seiner Nominierung in kämpferischer Pose mit dem Flottillenadmiral a.D. verbündet, ihm das Wort geredet und sich gar nicht mehr die Mühe gemacht, kritisch mit dem vom vierköpfigen Führungsgremium der Partei präsentierten Kandidaten umzugehen.

Die gegen Schmähling erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe, so Hinze, würden von der Mehrheit der PDS-Mitglieder in Mitte und Prenzlauer Berg überhaupt nicht ernst genommen – obwohl die Parteioberen bereits einen Anwalt gebeten haben, in Köln auszuloten, mit welchen Folgen der gescheiterte Geschäftsmann Schmähling zu rechnen hat. Viele betrachten den einstigen MAD-Chef und späteren Aktivisten der Friedensbewegung als „gleichfalls vom System geschlagenen“ Gesinnungsgenossen. Das sei eine Vereinnahmung, die es mittlerweile fast unmöglich mache, Schmähling für andere Wählerschichten als geeignet zu präsentieren, so Marco Hinze. „Seine Gläubiger sind aber eben nicht bloß die Banken. Jeder, der in diesen Tagen seine Arbeit verloren hat, weil sein Arbeitgeber in Konkurs gegangen ist, wird einen Elmar Schmähling nicht wählen wollen, selbst wenn er sonst PDS wählt.“

Der Landesverband ist sich dieses Dilemmas mittlerweile bewußt. An eine oder einen überzeugenden Gegenkandidaten, der am Sonnabend aus dem Hut gezaubert wird und umgehend die Mehrheit der Basis erhält, glaubt jedoch mittlerweile niemand mehr. Um zumindest der Sache mit der Demokratie gerecht zu werden, bat der Landesverband in den vergangenen Tagen, wie PDS-Sprecher Axel Hildebrandt mitteilte, per Brief all jene GenossInnen und SympathisantInnen um Meldung, die sich bereits im Vorfeld der Nominierung Schmählings schriftlich um eine Kandidatur für den Wahlkreis Mitte/Prenzlauer Berg beworben hatten. Sie sollen umgehend mitteilen, ob sie ihr Angebot aufrechterhalten wollen.

Bis gestern erklärte allerdings lediglich die 45jährige ehemalige Wirtschaftsjournalistin Martina Dost aus Köpenick, daß sie noch bereit sei, gegen Elmar Schmähling und Marion Seelig anzutreten. Kathi Seefeld