Der Mordfall Weimar und die Exklusivverträge

In kaum einem anderen Prozeß als dem um den Doppelmord an den Kindern Weimar haben Journalisten so oft das Scheckbuch gezückt. Nach einem Beschluß des Kasseler Oberlandesgerichts soll der Stern nun aber 200.000 Mark von Monika Böttcher (damals Weimar) (zurück-)bekommen, weil sie trotz eines Exklusivvertrags auch mit anderen redete. Ihre Geschichte verkaufte Böttcher auch dem Buchverlag Kiepenheuer & Witsch. Etliche Privatsender waren interessiert, Bild habe eine „Summe jedweden Umfangs“ geboten, berichtete später die SZ. Medien wurden immer mehr zum Faktor des Geschehens: Einerseits brauchte Böttcher Geld für Anwälte, andererseits mußte sie verhindern, daß die zu kurz gekommenen Medien ärgerlich wurden. Auch Reinhard Weimar brauchte Geld – Burda nahm ihn unter Vertrag und vermietete ihn gleich ans Privat-TV weiter. 1994 schloß Monika Böttcher den Stern-Vertrag. Es war wie beim Pferderennen: 50.000 Mark gab es als Anzahlung, weitere 30.000 als Erfolgsprämie, für den Fall, daß sie tatsächlich aus dem Gefängnis marschiert wäre und dann direkt zum Stern. Das Geld sollte ihre Verteidigung finanzieren. Wäre das neue Opferanspruchs-Gesetz schon in Kraft gewesen, es hätte wohl weniger gegeben – und Monika Böttcher hätte sich möglicherweise die Wiederaufnahme nicht finanzieren können. Als 1995 das Landgericht Gießen gegen eine Wiederaufnahme entscheidet, war der Stern dann aber derart lustlos („Lohnt das alles noch?“), daß Böttchers Verteidiger den Vertrag kündigten. Das Gedränge ging wieder los, als sie 1995 wieder freikommt. Zum Ärger des Stern, zum Glück für Spiegel, Bild am Sonntag und den NDR, die ein Interview kriegten. „Als klar war, daß sie freikommen würde, haben Strate (der Verteidiger) und Böttcher anderswo Geld gerochen“, mekkerte Stern-Ressortchef Thomas Osterkorn nun. löw