■ Mit Mehrwegquoten auf du und du
: Umstrittene Bierdosen

Hannover (taz) – Über die notwendige „Erhöhung und Differenzierung der Mehrweganteile“ muß die Bundesregierung „drei Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung entscheiden“. So steht es in der inzwischen beinahe acht Jahre alten Verpackungsverordnung, die unter anderem Mehrwegverpackungen für Getränke – sprich Pfandflaschen – fördern und so den Verpackungsmüll reduzieren will. Auf Einwegverpackungen droht die Verordnung ein Zwangspfand von 50 Pfennig an, wenn deren Anteil bei den Kaltgetränken vom Bier bis zum Fruchtsaft 28 Prozent übersteigt, die Mehrwegquote also unter 72 Prozent sinkt.

Auf die Erhöhung oder Differenzierung dieser 72-Prozent- Quote mußten die Gegner der Verpackungsmüllberge allerdings bis heute vergeblich warten. Und das, obwohl die Oppositionsfraktionen im Bundestag und auch eine Mehrheit der UmweltministerInnen der Länder oft genug eine Heraufsetzung der Mehrwegquoten für einzelne Getränkebereiche wie etwa Bier oder Mineralwässer verlangten.

Heute wird nun der Bundesrat über eine Novelle der Verpackungsverordnung abstimmen. Bundesumweltministerin Angela Merkel will mit der Novelle den Wettbewerb im Entsorgungsbereich stärken. Der Wirtschaftsausschuß des Bundesrates möchte etwa durchsetzen, daß Tonflaschen künftig nicht mehr unter die Verpackungsverordnung fallen. Immerhin: Auf Vorschlag des Landes Baden-Württemberg soll nun allerdings endlich auch die Mehrwegquote bei Bier heraufgesetzt werden. Nur beim Gerstensaft soll sie künftig nicht mehr bei 72, sondern bei 78 Prozent liegen. So hat es der Umweltausschuß des Bundesrates beschlossen.

Als einen allerersten Schritt in die richtige Richtung hat die dienstälteste Umweltministerin, die Niedersächsin Monika Griefahn, diese Erhöhung und erste Differenzierung der Mehrwegquote begrüßt. Sinnvoll ist die Differenzierung nach Produkten jedenfalls, weil auf diese Weise der Druck, Pfandflaschen zu verwenden, gezielter auf einzelne Branchen ausgeübt werden kann.

Dennoch wird Niedersachsen heute gegen diesen Vorschlag stimmen. Auf der letzten Kabinettssitzung in Hannover zeigte nämlich Landesinnenminister Gerhard Glogowski umweltpolitisch Flagge: Er outete sich als Freund des Dosenbieres. Der Ministerpräsident im Wartestand setzte mit Blick auf die „in Braunschweig beheimatete Verpackungsindustrie und die dortigen Brauereien“ einen Kabinettsbeschluß gegen eine höhere Mehrwegquote durch. Jürgen Voges