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: Prädikat zensurwürdig: „Rings of Fire“ im Praterzelt

Etwas Unerhörtes, Provokantes, Spektakulöses wollte man schaffen. Etwas, das bis zum nächsten Teil der Veranstaltung im „Jahr 1999 nachhallt, gleichzeitig auf den letztjährigen Anfang hinweist“.

Damals, im April 1997, inszenierten Martin Kleppel und Markus Liske „Easy Jaily“: ein Festival mit szenischen Lesungen, Videoinstallationen und Party auf dem Gelände der ehemaligen Gefängnisanlage Rummelsburg, in der im Dritten Reich Obdachlose und psychisch Kranke festgehalten und später, in der DDR, Flüchtlinge und Helfer einsaßen. Auf diesem „Trash-Art-Spektakel“ rezitierten u.a. die „Dirty Girls“ Texte von als entartet geltenden Künstlern. Sie lasen aus einem Buch von Karl Plättner, das 1929 erschien und vier Jahre später von den Nazis verbrannt wurde.

Mehr darüber steht im Fanzine und Programmheft „Die tausendjährige Info-Box“. In diesem Heft stellen die Veranstalter auch ihren neuesten Streich vor: das Festival „Rings on Fire“, das heute „auf dem Olymp“, also im Olympiastadion, stattfinden sollte. Man wolle die „Demokratisierung von nationalsozialistisch vorbelasteten Gebäuden“, und da läge man mit diesem Masterpiece der braunen Architektur doch gerade richtig, verkündete Liske. Der Nutzer des Geländes allerdings, das Sportmuseum, teilte, nach Lektüre des provokant-popliteraten Fanzines und der Dirty-Girls-Ankündigung, diese Ansicht nicht mehr. Und zog sich kurzerhand aus den Absprachen zurück – mit der unglaublichen Begründung, man „könne kein Interesse an der Aufarbeitung der faschistischen Geschichte des Gelände haben“. Sprach's und zensierte so zum zweiten Mal jene als „entartet“ geltenden Texte, die die Dirty Girls lesen wollten. Die Veranstalter fanden einen Ausweichort im Praterzelt der Volksbühne, welche das Show-Konzept mit offenen Armen empfing. So kann „Rings on Fire“, das jetzt eigentlich „Tents on Fire“ heißen müßte, nun doch stattfinden – mit einem etwas geänderten Programm. Spektakulär soll es trotzdem sein. Denn, so sagt Organisator Markus Liske, „wir wollen es wert sein, zensiert zu werden“. Wir sind gespannt. Jenni Zylka

„Rings on Fire“ mit dem Homer-Projekt, den Dirty Girls, den Backstreet Bastards, Anja Exner, DJs u.v.m.

Am Dienstag, dem 31. 3., um 19.30 Uhr-Open End im Praterzelt, Kastanienallee 7-9, Prenzlauer Berg. Eintritt: 18 DM, erm. 10 DM