Demokratie verläßt das Haus

■ Treuhandnachfolgerin will Haus der Demokratie am Montag für 14,7 Millionen Mark an den Beamtenbund verkaufen. Bürgerrechtsgruppen befürchten Rausschmiß und damit das Ende der politischen Institution an der Frie

Als „faktische Zerschlagung“ des Hauses der Demokratie haben Sprecher der dort noch übrigen Bürgerrechtsbewegungen den jüngsten Antrag der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) kritisiert. Die wertvolle Immobilie in der Friedrichstraße wird am Montag für 14,7 Millionen Mark an den Deutschen Beamtenbund verkauft. Der neue Entwurf, berichtete gestern Klaus Wolfram vom Neuen Forum, sieht eine „vorrangige Vermietung“ an die noch zu gründende „Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“ vor.

Mit einem solchen Verkauf müßten die jetzigen Nutzer das Haus praktisch verlassen. „Wir akzeptieren keine Mogelpackungen! Das ist eine andere Art, das Haus abzuschaffen“, empört sich Wolfram. Die Unabhängige Kommission verlangt vom Käufer zwar „die Beachtung der historischen Dimension“ des Hauses, aber da bliebe nur das Schild über der Tür: „Haus der Demokratie“ übrig. Die Vertreter des Neuen Forums forderten deshalb die Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Parteivermögens der DDR auf, die Entscheidung zu verschieben und die Stiftung „Haus der Demokratie“ als Verhandlungspartner wieder in die Verhandlungen mit einzubeziehen.

Doch auch die jetzigen Nutzer sind sich nicht einig, gestern brach ein offener Streit unter den Bürgerrechtlern aus. Hintergrund ist der von mehreren prominenten ehemaligen Bürgerrechtlern wie dem grünen Europaparlamentarier Wolfgang Ullmann, Konrad Weiß und dem Berliner CDU- Bundestagskandidat Günter Nooke unterzeichnete Vorschlag an die Kommission, das Haus der Bundesstiftung zu übertragen. Die Sprecher der derzeitigen Nutzer warfen daraufhin den ehemaligen Bürgerrechtlern vor, ihre Verhandlungsposition um den Erhalt des Hauses geschwächt zu haben. Klaus Wolfram: „Damit haben die Unterzeichner versucht, uns die Legitimation zu entziehen.“

Ullmann konterte, er habe keinen Angriff auf das Haus der Demokratie beabsichtigt, sondern einen „gangbaren Lösungsweg angesichts ungeklärter Eigentumsverhältnisse gesucht“. Die jetzigen Nutzer „haben sich zu weit vom Spektrum der DDR-Bürgerrechtsbewegung entfernt“. Tatsächlich sind die heutigen Nutzer kaum noch mit denen identisch, die das Haus zu einem Zentrum der Bürgerrechtsbewegung machten, auch obskure Psychogruppen und Geistheiler nutzen inzwischen die Räumlichkeiten. Um das Haus nun doch noch zu retten, schlägt die „Stiftung Haus der Demokratie“ eine Betreibergesellschaft vor, gegründet von der Bundesstiftung und der „Stiftung Haus der Demokratie“. Markus Viehauser