■ Essen in New York
: Kultische Gaumenfreuden

Die US-amerikanische Küche steht gemeinhin nicht gerade in hohem Ansehen: wattiges Weißbrot, schwergewichtige Salatdressings und dünner Kaffee. Die Einschätzung ist nicht ganz falsch. Aber dann gehört New York nicht zu den USA.

Hier gehört der Restaurantbesuch zur Kultur, wird Essen zum Kult. Reichtum wird weniger in der Opernloge als vielmehr in den Feinschmecker-Palästen wie Le Cirque 2000 oder The Four Seasons zur Schau gestellt. Die Buchhandlungen präsentieren Kochbücher und Restaurantführer an vorderster Stelle zusammen mit den Bestsellern. Aktuellen Restaurantkritiken wird in den einschlägigen Zeitungen kaum weniger Platz eingeräumt als den Theater- oder Filmbesprechungen. Neue Restaurants auszuprobieren gehört zum Social Life. Und wenn sie enttäuschen, sind sie schnell wieder verschwunden. Die Konkurrenz der angeblich rund 23.000 New Yorker Restaurants ist tödlich.

New York hat nicht nur jede erdenkliche Landesküche dieser Welt zu bieten – von deutsch über angolanisch bis tibetisch. Hier lernt man schnell, was „Blintzes“ sind oder „Baba Ganoush“ oder „Dim Sum“. Hier unterscheidet sich – anders als man das in Deutschland gewöhnt ist – die Küche des einen Chinarestaurants vom anderen. Man könnte sich monatelang etwa italienisch ernähren, ohne daß sich die Gerichte in den verschiedenen Restaurants wiederholen.

Über die ethnische Küchen hinaus aber haben die New Yorker, in Abwendung von der puritanischen Tradition der USA, selber die Freuden der Kochkunst entdeckt. Das Produkt nennt sich neue amerikanische Küche – eine Küche, die sich inspirieren läßt von allem, was die verschiedenen Immigrantenwellen nach Amerika geschwemmt haben, die aber dennoch mehr ist als die bloße Wiederholung der Themen Pizza und Chop Suey.

Das schlicht und modern eingerichtete Way Café in der First Avenue zum Beispiel (zwischen 12th und 13th Street), hat sich der leichten Küche verschrieben: Hühnchen oder Fisch, mal in thailändisch anmutender Sauce mariniert, mal mit italienischen Kräutern gegrillt oder mexikanisch scharf gewürzt, immer von bunten Salaten mit geheimnisvoll gemüsigen Dressings begleitet. Die Luxusvariante der „New American Cuisine“ bietet etwa Gotham Bar & Grill in der Nähe (12 East 12th Street). Hier hat der Küchenchef erfolgreich die bisher hier aufgetischte klassisch französische Küche mit amerikanischen Elementen bereichert.

Essen gehen ist im ansonsten so teuren New York erschwinglich (was an den Hungerlöhnen liegt, die die oft illegal eingewanderten Arbeitskräfte in den Restaurants bekommen). Aber es geht noch billiger: im Deli. Nicola Liebert