Die Gershwin-Line in die Gewinnzone

■ Geteiltes Risiko: Das Bremer Theater testet mit Gästen die Sommerbespielung

Der nächste Sommer wird schwül und heiß. Das meldet ausnahmsweise nicht der Frosch im Glas, noch sagt es der Wetterpfarrer in seiner Langzeitprognose voraus, sondern das Bremer Theater. Sozusagen in Konkurrenz zum Packhaus im Schnoor steigt das Große Haus am Goetheplatz vom 21. Juli bis zum 9. August erstmals in die Sommerbespielung ein. Ein Ensemble namens „New York Harlem Theatre“kommt laut Flyer „from Broadway to Bremen“und hat eine Inszenierung des Gershwin-Klassikers „Porgy and Bess“im Gepäck. Daß dieses Theatre mit New York nicht viel zu tun hat und so auch nicht mit der berühmten Diagonalstraße, ist nicht so wichtig. Aber immerhin eine ulkige Randerscheinung des Showbizz.

„Wir haben die Rechte für Europa“, sagt William Barkhymer, Dirigent und künstlerischer Leiter des Ensembles. Die Folge: Das „New York Harlem Theatre“spielt den Klassiker, der nach einer rund 30 Jahre alten Verfügung der Gersh-win-Erben nur mit farbigen DarstellerInnen inszeniert werden darf, in der alten Welt. Die Met bespielt USA-Ost und die Houston Opera USA-West. „Übrigens meistens mit den gleichen Hauptdarstellern und Chorsängern“, merkt Barkhymer lächelnd an, „und die kommen fast alle aus New York.“Gute Leute sind eben gefragt.

In München zum Beispiel. Dort wurde die als handwerklich sauber und sängerisch sehr gut geltende Inszenierung in der Spielzeit 1993/94 herausgebracht. Oder in Düsseldorf. Dort verkürzte die gleiche Produktion 1997 die Sommerpause. Mit Erfolg. Denn ab der 3. bis zur 24. und zugleich letzten Vorstellung war das 1.300 Leute fassende Theater in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt ausverkauft. Barkhymer begründet die „Startschwierigkeiten“damit, daß die Kasse zeitweise geschlossen war. Solche Fehler wollen die BremerInnen nicht machen. Das Theater am Goetheplatz ist auch mit 909 Plätzen deutlich kleiner. Trotzdem scheint beim Theaterintendanten Klaus Pierwoß eine leichte Angst vor der eigenen Courage durchzuschimmern.

„Ich habe in meiner vierjährigen Tätigkeit in Bremen gemerkt, daß hier manches anders läuft als anderswo“, resümiert Pierwoß. Deshalb hat er für die erste, von sämtlichen Gutachtern und Reformkommissionen geforderte Sommerbespielung eine doppelte Absicherung durchgesetzt. Der Senator für Wirtschaft gewährt für den Fall des Falles eine Ausfallbürgschaft in Höhe von 300.000 Mark, sagt Pierwoß rundheraus. Und für die Marketing-Kampagne, die in den nächsten vier Monaten – spät aber trotzdem – in Bremen und umzu für die 24 „Porgy and Bess“-Vorstellungen werben soll, stehen dem Theater 200.000 Mark zur Verfügung.

Nicht nur in den USA, wo das in Bremen pauschal bezahlte „New York Harlem Theatre“als Ensemble noch nie aufgetreten ist, gilt so etwas als Veranstalterrisiko. Aber 24 Vorstellungen en suite sind ein dicker Brocken. Pierwoß rechnet mit einer Auslastung von 80 Prozent. Darüber liegt die Gewinnzone fürs Theater und – für Kunst. ck

Karten ab morgen im Theater