Neue Deutsche Welle

■ ARD und ZDF sollen bald dem deutschen Auslandsfernsehen auf die Sprünge helfen

Es sollte der „Sprung in eine neue Kommunikations-Ära“ sein. Derart große Worte fallen in Werbetexten des Auslandssenders Deutsche Welle (DW) heute noch, wenn vom Start des Fernsehens DW-tv vor sechs Jahren die Rede ist. Doch angesichts der Aktivitäten von BBC World oder CNN erscheint selbst in der Kölner Zentrale vielen der „Sprung“ eher wie ein Hüpfer. Auch WDR-Intendant Fritz Pleitgen spricht schon mal von einem „sehr kargen“ Programm. Er plant deswegen ein neues deutsches TV-Auslandsprogramm, an dem sich ARD und ZDF beteiligen sollen.

Bisher sendet DW-tv 13 Stunden in deutscher Sprache, neun in Englisch und zwei in Spanisch. Intendant Dieter Weirich bediente sich 1992 aus Resten des amerikanischen Rias. Zwar brüstet er sich „globaler Präsenz“. Doch das Programm zeichnet sich bislang durch Reihen wie den Zweiundfünfzigteiler „Deutsche Zoos“ aus, wie die Woche lästerte.

Eigentlich plätscherte die TV- Welle von Anfang an vor sich hin. Einerseits ist da der Ruf des konservativen Regierungsfunks mit Intendant Weirich, einem knallharten CDU-Medienpolitiker, an der Spitze. Andererseits nutzt der Sender vorhandene Kapazitäten kaum. Da gibt es die Firma Transtel, die seit Jahrzehnten Berichte für Sender im Ausland herstellt und neben ARD, ZDF und dem Bund sogar der Deutschen Welle gehört – aber die wurde bei der Welle übersehen. Auch von ARD und ZDF hält man sich abseits: Nur 20 Prozent übernimmt DW-tv von ihnen.

„Wir haben überhaupt nicht die Bedeutung erkannt, die eine gute Darstellung unserers Landes in der gesamten Welt hat“, krittelte Pleitgen im ORB-Radio. Die Welle sei „überfordert“. ARD und ZDF sollten sich künftig zusammen mit ihr um ein „klares Bild“ der Bundesrepublik kümmern. DW-Chef Weirich sieht den Vorschlag nicht als unfreundliche Einmischung. Das Beste, was im deutschen Fernsehen läuft, solle unter einem Dach angeboten werden. Aber unter seiner „Verantwortung“. ARD und ZDF könnten das meiste für den deutschen Programmteil liefern, während sich die Welle auf Fremdsprachiges konzentriert.

Intendant Dieter Weirich hat offenbar Rückendeckung von seinen CDU-Freunden. Ein Parteipapier spricht schon von einer „weltweit wirkenden deutschen Medien-Allianz“.

Die Sorge um das Bild Deutschlands in der Welt hat vor allem wirtschaftliche Hintergründe. In einer Untersuchung warnte die Unternehmensberatung Boston Consulting schon 1994 die deutsche Wirtschaft. Die BBC, CNN und Rupert Murdochs Star-TV dominieren die Kanäle von Indien bis Hongkong. Doch diese Sender prägten „kein ausgewogenes“ Deutschlandbild. Daher fürchten die Gutachter sogar schlechtere Rahmenbedingungen für deutsche Unternhemen in Asien. Gerhard Fels vom Institut der Deutschen Wirtschaft sieht das ähnlich: „In den Köpfen ausländischer Investoren zählen nicht nur Kosten und Steuern.“ Wichtig sei auch, was die Investoren über Lebensqualität, Kultur und Politik wüßten. Wenn man diesen Wünschen folgt, dann müßte das künftige Auslandsfernsehen freilich nur Standortpropaganda senden, nicht kritischen Journalismus.

Angesichts der Einigkeit stellt sich auch die Frage, warum die Sache nicht längst geritzt ist. Aber so schnell geht es nicht. Dürfen ARD und ZDF mit ihren gesetzlichen Programmauftrag fürs Inland überhaupt Gebührengeld für Auslands-TV ausgeben? Zudem unterstehen ARD und ZDF den Ländern, die Deutsche Welle aber dem Bund: „Verfassungsrechtliche Kompetenzproblematik“ witterten auch die Autoren des CDU- Papiers – zu denen auch Weirich zählt. Georg Löwisch