Das Portrait
: Der Bürgermeister von Bethlehem

■ Elias Freidsch

Elias Freidsch ist tot. Er starb Sonntag nacht in einem Krankenhaus der jordanischen Hauptstadt Amman 81jährig an Krebs. Von 1972 bis 1997 bekleidete er das Amt des Bürgermeisters von Bethlehem und war damit der am längsten amtierende palästinensische Bürgermeister im Westjordanland und zugleich der einzige, der nicht von den Israelis abgesetzt wurde.

Bei den ersten Kommunalwahlen unter israelischer Besatzung im Jahre 1972 trat Freidsch als Kandidat der traditionellen Notabeln an, die König Hussein von Jordanien ergeben waren und auf einen Wiederanschluß des Westjordanlandes an das haschemitische Königreich drängten. Dennoch war der christliche Palästinenser Freidsch einer der wenigen traditionellen Bürgermeister, die bei den folgenden und zugleich letzten Kommunalwahlen im Jahre 1976 wiedergewählt wurden. Freidsch, dessen Geschäftsimperium in Bethlehem eine Klientel nach paternalistischem Muster absicherte, verweigerte die Mitarbeit in der „Nationalen Front“, einem Widerstandsrat der Bürgermeister. Statt dessen traf er sich mit israelischen Politikern jeder Couleur. Er war entschiedener Gegner des bewaffneten Kampfs der PLO und sprach sich bereits in den 70er Jahren für eine Verhandlungslösung mit Israel aus. Seine Akzeptanz des israelisch-ägyptischen Friedensvertrags von 1978 brachte ihm von nationalistischer Seite den Vorwurf ein, Kollaborateur zu sein. Erst Ende der 80er Jahre, im Verlauf der Intifada, ging auch Freidsch auf Distanz zu den israelischen Besatzern. Sein Ansehen in Europa als „gemäßigter Politiker“ und seine Nähe zu Jordanien veranlaßten Jassir Arafat, Freidsch zum Mitglied der palästinensischen Delegation bei den Friedensgesprächen in Madrid und Washington zu machen.

Nach dem Verzicht Jordaniens auf das Westjordanland 1989 und der Ankunft der Autonomiebehörde fünf Jahre später wandelte sich Freidsch zum ergebenen Anhänger Arafats, der ihn zum Tourismusminister beförderte. Trotz vielfältiger Korruptionsvorwürfe behielt Freidsch seine Ämter und trat erst im Mai 1997 offiziell wegen Krankheit zurück. Die posthume Würdigung durch die Autonomiebehörde und viele Bethlehemer ist sicher. Denn auch in Palästina beherzigt man dem Spruch: De mortuis nihil, nisi bene (Über die Toten soll man nur Gutes reden). Georg Baltissen