Kohls Umweltrat mit Grünen einig

■ Umwelt-Sachverständigenrat der Bundesregierung fordert Benzinpreis von 4,60 Mark in zehn Jahren. Schützenhilfe für die Grünen auch von Biedenkopf

Berlin (taz) – CDU-Generalsekretär Peter Hintze vereinsamt vor der Tankstelle. Der Umwelt-Sachverständigenrat der Bundesregierung sprang gestern den Grünen bei: Sein Sprecher Hubert Wiggering plädierte für einen Spritpreis von 4,60 Mark in zehn Jahren. Erst bei einem drastisch erhöhten Benzinpreis, erklärte Wiggering, ließe sich der Ausstoß von Kohlendioxid aus den Autos deutlich verringern.

Auch Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) entdeckte sein Herz für höhere Spritpreise. Ausgerechnet in Bild erklärte er den Autofahrern seine „feste“ Überzeugung: „Nur wenn der Benzinpreis steigt, wird das Dreiliterauto schnell zum Massenprodukt und für die Bürger erschwinglich.“ Hintzes Tankstellenkampagne bezeichnete er als „zu platt“ – Tankstellen eigneten sich nicht für Wahlkämpfe.

Umweltministerin Angela Merkel (CDU) hatte bereits vor zwei Wochen gesagt, sie halte es für eine „gute Grundidee“, den Benzinpreis zu erhöhen, wenn ihr auch fünf Mark zuviel wären. Sie tat dies just an dem Tag, als sich Hintze mit einem Anti-Grünen-Plakat vor eine Bonner Tankstelle stellte. Der Grund war offenbar, daß er seine Spritpreiskampagne weder mit der engeren Parteiführung noch mit der Fraktion abgestimmt hatte. Hintze hält freilich sein Konzept noch immer für eine tolle Idee: Die Tankstellenkampagne sei „absolut notwendig und auch zielführend“, sagte er gestern. Dabei haben die Mineralölkonzerne klargestellt, daß sie an der Zapfsäule keine Werbung erlauben wollen.

Der grüne Fraktionschef Joschka Fischer räumte gestern in Magdeburg „Kommunikationsfehler“ ein. Die fünf Mark pro Liter Sprit seien das, „was sich die Grünen langfristig erträumen“, eine „theoretische Richtgröße“. Das habe den „Menschen angst gemacht“. Nun müsse konkret gesagt werden, „was von unseren Träumen in der nächsten Legislaturperiode realisiert werden kann“. Fischer möchte das noch vor der Wahl in Sachsen- Anhalt Ende April erledigt wissen. Da droht der grüne Alptraum: In Umfragen kommen sie derzeit nur auf vier Prozent.

Die grüne Vorstandssprecherin Gunda Röstel freute sich gestern derweil über eine „Versachlichung der Debatte“ dank Biedenkopf. Tatsächlich ist die Liste der Politiker lang, die sich in den vergangenen Jahren bereits für einen nationalen Alleingang bei Ökosteuern ausgesprochen haben: darunter Unionsfraktionschef Wolfgang Schäuble, SPD-Parteichef Oskar Lafontaine und der DGB-Bundesvorstand.

In Großbritannien ist man schon weiter: Schon der Konservative John Major führte eine jährliche Mineralölsteuererhöhung ein. Premier Tony Blair hat die Steigerungsrate auf real sechs Prozent jährlich erhöht. Für nächstes Jahr hat Schröder- Vorbild Blair weitere Ökosteuern angekündigt. Matthias Urbach

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